Über Angst, Mut

und starke Frauen

Diagnose Brustkrebs

 

Das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN hat sich aufgemacht, Menschen kennenzulernen, die mit der Krankheit Brustkrebs zu tun haben und auf der Suche nach ihrem individuellen Weg sind.

Text: Jana Pajonk

Es ist ein sonniger Dienstagnachmittag im Juni. Ich sitze in einem Raum mit elf Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, Frauen zwischen Mitte dreißig und Mitte siebzig. Da gibt es laute, zurückhaltende, lustige, nachdenkliche, verschmitzte und ruhige Gemüter. Eine sitzt im Rollstuhl, manche sind flippig, andere eher klassisch gekleidet. Es ist kein Freundeskreis, doch die Frauen duzen sich. Denn sie haben eine Gemeinsamkeit, die sie eng miteinander verbindet: die Diagnose Brustkrebs. Jede von ihnen war mit ihr konfrontiert. Rita*, neben mir, vor zehn Jahren. Beate, mir gegenüber, vor zwei Monaten. Einmal im Monat treffen sich die Frauen im Brustkrebszentrum zur Selbsthilfegruppe. Hier erzählen Sie sich Ihre Ängste und Sorgen, geben sich Tipps und Halt. Sie feiern zusammen ihre Erfolge und teilen ihre Niederlagen.

Ein Brustzentrum

Als ich die Anfrage zum Thema „Brustkrebs“ auf meinen Tisch bekam, zuckte ich innerlich zusammen. Damit möchte ich nichts zu tun haben, schoss es mir in den Kopf. Ich konnte die Angst spüren, die das Thema in mir auslöste, denn mein Puls ging schneller. Doch am nächsten Tag sagte ich zu. Ich wollte mich meiner Angst stellen und schrieb eine E-Mail an Dr. Anke Kleine-Tebbe, die Chefärztin des nächstgelegenen Brustzentrums. Ihre spontane überaus freundliche Antwort machte mir Mut. Sie freute sich. Als ich wenige Tage später das Brustzentrum betrete, schlägt mein Herz wieder schneller. Doch es beruhigt sich sofort als Anke Kleine-Tebbe freudestrahlend auf mich zukommt. Ihr „Herzlich willkommen!“ kam wirklich von Herzen. Und da beginne ich, mich zu wundern: Die Ärztin strahlt, die Räume sind hell und freundlich, mit vielen Rosa- und Lilatönen, fast überall offene Türen. „Krebs“ war in meinem Kopf bislang etwas dunkles, tristes, wo Frauen heimlich hinter verschlossenen Türen leiden. Als wir in ihrem Büro sitzen, frage ich die Chefärztin, wie es kommt, dass hier alles so hell und freundlich ist. „Wir haben viel von unseren Patientinnen gelernt“, berichtet die Fachärztin für Frauenheilkunde. „Die Frauen wollen kein Mitleid, sondern Ehrlichkeit und Zuversicht. Deswegen pflegen wir hier eine offene Kommunikation.“

Viele Heilmethoden

Und dann erzählt mir Anke Kleine-Tebbe, wie sie gelernt hat, die eigenen Gedanken zurückzuhalten und stattdessen die Patientinnen nach ihren Bedürfnissen zu fragen. „Jede Frau möchte ihren eigenen Weg finden und gehen“, erklärt sie. Schubladen und vorgezeichnete Wege stören da nur. Überhaupt erlebe sie Frauen im Umgang mit der Krankheit als sehr aktiv. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hätten, würden sich die meisten auf den Weg machen. „Sie holen eine zweite Meinung, suchen sich ergänzende Heilmethoden, tauschen sich mit anderen aus und informieren sich umfassend.“

Ergänzende Heilmethoden? Ich als Interessierte an ganzheitlicher Medizin werde hellhörig. Tatsächlich arbeiten die von der deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Brustzentren, von denen es inzwischen über 250 in Deutschland gibt, überwiegend schulmedizinisch. Nach der Diagnostik stehen Operation, Bestrahlung und/oder Chemotherapie auf dem Programm. Doch Anke Kleine-Tebbe ist auch hier offen. Zwischen 60 und 70 Prozent der an Brustkrebs erkrankten Frauen in Deutschland nutzen heute ergänzende Methoden, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Schulmedizin und alternative Heilmethoden nähern sich an. „Zum Wohle der Patientinnen ist man da näher zusammengerückt“, erklärt die Ärztin. Hier geht es offenbar wirklich um die Sache.

Chancen zur Veränderung

In jedem Brustkrebszentrum gibt es zudem eine Psychoonkologin, eine speziell ausgebildete Psychotherapeutin, die die Patientin bei der Diagnose und durch die Therapie begleitet, wenn sie das wünscht. Dabei kann jede Frau selbst entscheiden, inwieweit sie diese Hilfe in Anspruch nimmt. Auch um zum Beispiel grundlegende  Veränderungen in ihrem Leben herbeizuführen oder Stress zu reduzieren. „Die Frauen, die die Krankheit als Auslöser sehen, etwas in ihrem Leben zu verändern, gewinnen auf jeden Fall  an Lebensqualität“, erklärt Anke Kleine-Tebbe. „Denn diese Übernahme von Verantwortung macht sie selbständig. Frauen, die
möchten, dass nach der Behandlung wieder alles so ist wie vorher, sind meistens enttäuscht. Denn es ändert sind einfach alles.“ Hier gibt es offenbar Begleitung für diesen Veränderungsprozess.

Ich bin beeindruckt und innerlich inzwischen ganz ruhig. Das ist sicherlich zum einen dieser sympathischen Chefärztin zu verdanken. Zum anderen aber auch der in mir aufsteigenden Gewissheit, dass ich hier gut aufgehoben wäre, sollte es mich einmal treffen. Inzwischen erkrankt jede achte Frau in Deutschland an Brustkrebs. Gleichzeitig steigen aber auch die Heilungschancen. „80 Prozent der erkrankten Frauen können geheilt werden. Dank der neuen Behandlungsmethoden ist Brustkrebs inzwischen eine gut heilbare Krankheit“, sagt die Onkologin und nimmt mir weitere Ängste.

Einzigartige Frauen

Was bleibt, ist die Frage nach dem Warum. Wieso erkrankt eine Frau an Brustkrebs? Das kann mir die Ärztin leider auch nicht klar sagen. Denn die Frauen, die es trifft, sind alle so grundverschieden – wie die Frauen an diesem Dienstagnachmittag in der Selbsthilfegruppe: „Die Frage nach dem Warum ist völlig überflüssig“, meint Eva. „Man sollte sich lieber fragen: Was kann ich Gutes für mich tun?“ Viele nicken zustimmend. Dann stellt sich Beate vor. Sie ist neu hier, hat gerade die OP hinter sich und ist guter Dinge. Die Chemotherapie steht bevor. Andere Teilnehmerinnen, die das schon hinter sich haben, äußern Mitgefühl und sprechen ihr Mut zu. Zwei Frauen berichten von ihren guten Nachsorgeuntersuchungen. Dafür gibt es Tischklopfen. Alle freuen sich mit ihnen. Auch praktische Dinge wie Malen im Brustzentrum und Schwimmkurse, die von der Krebshilfe bezuschusst werden, sind Thema hier. Es werden Termine und Telefonnummern ausgetauscht. Bald veranstaltet ein Sanitätshaus hier eine Modenschau mit Bademode und Unterwäsche für Frauen, denen eine oder beide Brüste amputiert werden mussten. Die Frauen planen eine gemeinsame Wanderung mit Picknick. Dann darf ich noch ein paar Fragen stellen.

Mich interessiert vor allem, was sich für die Frauen im Leben verändert hat. „Das Urvertrauen in meinen Körper ist weg“, sagt Anna. „Die Krankheit hat mir meine Sicherheit genommen, auch finanziell“. Diese Angst vor dem finanziellen Ruin treibt viele der Frauen um. Und die Angst, dass der Krebs wiederkommt. „Die Diagnose hat mir die Beine weggerissen“, erklärt Barbara. „Dabei habe ich mich zu diesem Zeitpunkt gar nicht krank gefühlt“. Die meisten von ihnen haben die Knoten in der Brust selbst ertastet. „Der Krebs zieht das umliegende Gewebe der Brust heran“, erklärt Eva. „Bei der Untersuchung im Brustzentrum stellten wir fest, dass meine Brüste unterschiedlich aussehen. Die Haut war in der Nähe des Krebsknotens eingezogen.“ Drei Frauen bestätigen das. Ich habe davon noch nie gehört.

Dann erzählen die Frauen mir von den Reaktionen des Umfeldes, davon, dass sich die Spreu vom Weizen trennt, dass Familien enger zusammenrücken. Und von den Reaktionen, die sie verabscheuen. „Wir wollen kein Mitleid! Bitte gebt uns keine Ratschläge und behaltet Eure Einschätzungen für Euch!“, lautet die einhellige Meinung. „Sätze wie ‚Du musst positiv denken‘ oder ‚Hey, das schaffst Du schon‘ sind die Hölle“. Was sie sich stattdessen wünschen, frage ich. Verständnis, Zuhören und Nachfragen. So einfach ist das.

Mitgefühl und Inspiration

Und dann erzählen sie von den guten Sachen, die sie in ihrem Leiden gelernt haben und die Augen strahlen. „Ich renne nicht mehr durch die Gegend“, sagt Petra. „Ja, einer Bahn renne ich heute nicht mehr hinterher“, lacht Anna. „Ich habe gelernt zu sagen, was ich denke und brauche. Ich rede nicht mehr drum herum, sondern sage immer, was los ist. Für alles andere ist die Zeit doch viel zu schade!“ Als dann Linda, die im Rollstuhl sitzt, berichtet, dass sie im September nach Schottland fliegt, gibt es eine große Freude im Raum. Das ist Mitgefühl.

Mich haben diese zwei Besuche im Brustzentrum zum Nachdenken und Fühlen gebracht. Ich habe sehr viel gelernt. Vielen Dank an diese wunderbaren Frauen. Ihr seid eine Inspiration! Ich wünsche Euch von Herzen Gesundheit und Freude.

 

Professionelle Beratung im Sanitätshaus mit dem Lächeln

Die Sanitätshäuer mit dem Lächeln beraten betroffene Frauen bei allen Fragen zum Thema Brustversorgung. Ob Kompressions-BH oder Brustausgleich – mit Zeit und Einfühlungsvermögen finden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für jede Frau die für sie passenden Hilfsmittel und Kleidungsstücke. Damit sie sich mit der neuen Situation so wohl wie möglich fühlt. Mehr Informationen finden Sier hier.

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