“Geht nicht, gibt’s bei uns nicht”

Interview mit Wilhelm Költgen

 

Wilhelm Költgen, baut mit seiner Firma Költgen GmbH Fahrzeuge aller Art so individuell um, dass sie von Fahrern mit körperlichen Behinderungen genutzt werden können. Egal, ob für Menschen mit teilweise oder ganz fehlenden Gliedmaßen, Querschnittsgelähmte, MS-Patienten oder Kleinwüchsige – tausende Motorräder, PKWs, Reisemobile, Wohnwagen, Transporter, LKWs, Traktoren und sogar einen Panzer haben Költgen und sein Team in Krefeld bereits umgerüstet. Das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN sprach mit dem Rheinländer, bei dem durch ein eigenes Handicap schon früh der Tüftlersinn erwachte, über barrierefreie Mobilität.

Autor: Christian Sujata

SAM: Herr Költgen, vor rund einem Vierteljahrhundert haben Sie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und Ihre erste Werkstatt zur behindertengerechten Umrüstung von Motorrädern eröffnet. Mittlerweile sind auch PKWs und andere Fahrzeuge hinzugekommen. Wie kam es zu der Idee?

© Wilhelm Költgen GmbH

Wilhelm Költgen: Ich habe schon mit 14 meine Mofas und Mopeds selbst umgebaut. Da auch ich körperlich nicht ganz komplett bin, mir fehlt die rechte Hand, habe ich mich irgendwann gefragt, ob ich denn der einzige Verrückte bin, der trotz körperlicher Beeinträchtigung fahren möchte? Mit meiner ersten Werkstatt habe ich dann einen Versuchsballon gestartet und schnell die Antwort erhalten, dass dem nicht so ist. Mittlerweile sind daraus über 7.500 Kunden entstanden.

SAM: Ist Ihre eigene Behinderung ein Vorteil, um sich in die Bedürfnisse Ihrer Kunden hineinzuversetzen?

Wilhelm Költgen: Wenn ich mit den Kunden rede und denen sage, dass ich selbst mit Handicap und umgerüstetem Fahrzeug fahre, ist das ganz klar ein Vorteil. Dass wir zudem weitere Mitarbeiter mit körperlichen Einschränkungen haben, macht die Sache dann rund.

SAM: Das ist bei Ihnen aber kein Einstellungskriterium?

Wilhelm Költgen (lacht): Aus Quotenregelung haben wir auch Nichtbehinderte beschäftigt.

SAM: Um was für Behinderungen handelt es sich bei Ihren Kunden?

© Wilhelm Költgen GmbH

Wilhelm Költgen: Bei uns gibt’s nichts, was es nicht gibt. Von Kleinwuchs über Contergan sowie angeborenen Fehl- und Missbildungen bis hin zu unfallverursachten Handicaps. Für uns sind diese Behinderungen Normalität und genau so werden die Menschen bei uns auch empfangen. Bei uns steht niemand am Rande der Gesellschaft, sondern mittendrin. Das habe ich von meinen Eltern mitbekommen. Ich bin nicht durch eine schwere Kindheit, aber durch eine harte Schule des Lernens gegangen. Notfalls musste ich als Kind beispielsweise mit einer Hand lernen, meine Schuhe mit nur fünf Fingern zuzumachen. Dafür bin ich meinen Eltern bis heute dankbar. Wenn also ein Kunde zu mir sagt „kann ich nicht“ oder „darf ich nicht“, dann entgegne ich: „Geht nicht, gibt‘s bei uns nicht!“

SAM: Sie haben mit ihren Fahrzeugumbauten unzähligen Menschen, teilweise unverhofft eine barrierefreie Mobilität ermöglicht. Wie viele Fahrzeuge haben Sie im Laufe der Jahre eigentlich bereits umgebaut?

Wilhelm Költgen (denkt nach): Wir hatten wie erwähnt bereits über 7.500 Kunden. Damit sind es mindestens genauso viele Fahrzeuge. Einige von ihnen haben im Laufe der Zeit aber auch ein zweites oder drittes Fahrzeug bei uns umbauen lassen, so dass die Gesamtzahl mittlerweile um einiges höher ist. Ich führe darüber aber keine Statistik, denn Eitelkeit steht mir nicht.

SAM: Gerade nähert sich die Urlaubssaison, bauen Sie auch Reisemobile um?

Wilhelm Költgen: Selbstverständlich. Reisemobile behindertengerecht umzubauen wird ansonsten heutzutage leider von Herstellern und Betrieben weitestgehend vernachlässigt, weil die das Ganze nur vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachten. Das lohnt sich für die wenig. Natürlich müssen auch wir Geld verdienen, aber das steht nicht im Vordergrund. Bei uns ist das gelebter Idealismus. Wir kümmern uns deshalb auch um kleine Sachen. Wir stellen uns dabei immer die Frage: Was können wir tun, um den Menschen trotz Handicap den Wunsch nach Lebensqualität und Freizeit zu erfüllen. Und zwar so, dass es bezahlbar ist. Erst diese Tage haben wir wieder Umbauten an einem Reisemobil durchgeführt. Es wurde ein elektrischer Schwenksitz installiert, der den Rollstuhlfahrer in das Fahrzeug hieven kann. Andere Arbeiten, die anfallen, um ein Reisemobil behindertengerecht fahrbereit zu machen, drehen sich beispielsweise um die Gaspedalumlegung, Infrarotfunkschnittstellen oder elektrische Kupplungen.

Mehr über Wilhelm Költgens einzigartiges Unternehmen erfahren Sie auf der Seite: www.koeltgen.de

Das könnte Sie noch interessieren:

Kontakt zur Sanitätshaus Aktuell Magazin Redaktion

Folgen Sie unserem Magazin auf: