„Gesundheit ist Ihr gutes Recht!“

Interview mit der Juristin Karin Glund

 

Die Versorgung mit Hilfsmitteln, auf die ein berechtigter Anspruch besteht, durchläuft zuvor verschiedene Wege zwischen Medizinern, Sanitätshäusern und Krankenkassen. Wege, die nicht immer für alle Versicherten leicht nachzuvollziehen sind. Damit Sie für den Fall der Fälle den Durchblick behalten, hat sich das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN mit Karin Glund, erfahrene Juristin und Vertragsmanagerin bei der Sanitätshaus Aktuell AG, der Verbundgruppe für inhabergeführte Sanitätshäuser, reha teams und Homecare-Unternehmen, unterhalten.

Autor: Christian Sujata

SAM: Frau Glund, wie entscheidet sich, ob ein Patient Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel hat?

Karin Glund: Versicherte haben einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich, also medizinisch notwendig sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Um festzustellen, ob ein Hilfsmittelbedarf besteht, führt der erste Weg natürlich zu einem Arzt, der aufgrund der Indikation über die Therapie entscheidet und in diesem Rahmen bei medizinischem Bedarf die entsprechenden Hilfsmittel verordnet. Wenn man so will, ist das die Grundlage für die Versorgung durch die Krankenkasse.

SAM: Erst danach kommen die Sanitätshäuser mit dem Lächeln ins Spiel?

Karin Glund: Grundsätzlich schon. Allerdings beraten sämtliche regionale Sanitätshäuser der Sanitätshaus Aktuell AG Patienten gerne auch unabhängig von einer ärztlichen Verordnung. Doch es ist wichtig zu wissen, dass für eine Versorgung durch die Krankenkasse eine (fach-)ärztliche Verordnung unumgänglich ist. Der Patient hat allerdings auch die Möglichkeit, Hilfsmittel privat zu kaufen. Für diesen Fall benötigt er kein Rezept. Jedoch kann er dann die Kosten auch nicht bei seiner Krankenkasse einreichen.

SAM: Was ist sonst noch zu beachten?

Karin Glund: Hilfsmittelversorgungen sind in der Regel genehmigungspflichtig, deshalb muss der Patient bzw. das Sanitätshaus einen Kostenvoranschlag bei der Krankenkasse einreichen. Sobald dies geschehen ist, muss diese prüfen, ob der Patient im Einzelfall einen Anspruch auf die Versorgung mit dem beantragten Hilfsmittel hat.

SAM: Worauf achtet die Krankenkasse noch?

Karin Glund: Patienten haben Anspruch auf eine qualitativ angemessene und zeitgemäße Hilfsmittelversorgung. Doch sind die Krankenkassen verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln. Das bedeutet, dass die Sachbearbeiter der Krankenkassen nach gleich geeigneten, aber kostengünstigeren Alternativen Ausschau halten müssen. Für die Versicherten ist es allerdings von enormer Wichtigkeit, dass Wirtschaftlichkeit etwas anderes ist als „Hauptsache billig“. Die Krankenkassen dürfen nicht „Äpfel mit Birnen“ vergleichen. Darauf sollten die Versicherten sogar bestehen.

SAM: Muss die Krankenkasse zwingend selber prüfen, ob tatsächlich alle Voraussetzungen für die Kostenübernahme vorliegen oder erhält sie Unterstützung von anderen?

Karin Glund: Der Sachbearbeiter der Krankenkasse kann den Kostenvoranschlag zur Überprüfung an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) schicken. Der MDK beschäftigt Ärzte, die dann prüfen, ob das beantragte Hilfsmittel auch wirklich medizinisch erforderlich ist oder ob kostengünstigere Versorgungsalternativen zur Verfügung stehen. Bei Einschaltung des MDK ist eine persönliche Begutachtung durch einen Arzt oder Orthopädiemechaniker des MDK das gute Recht eines jeden Versicherten.

SAM: Wie geht es dann weiter?

Karin Glund: Im Falle einer Zustimmung durch die Krankenkasse, schickt diese den Bewilligungsbescheid an das Sanitätshaus des Versicherten. Anschließend kann das Sanitätshaus die Versorgung durchführen. Wenn die Krankenkasse die Versorgung dagegen für nicht notwendig oder für zu teuer erachtet, erhält der Versicherte einen Ablehnungsbescheid. Gegen diesen Bescheid kann er allerdings binnen eines Monats Widerspruch einlegen.

SAM: Welche Fristen muss die Krankenkasse beachten?

Karin Glund: 2013 ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Eine zentrale Regelung dieses Gesetzes ist es, zu einer beschleunigten Erbringung von Gesundheitsleistungen, wie medizinische Hilfsmittel, zu führen. Hiernach gibt es feste Fristen für die Krankenkasse, in denen sie über einen Leistungsantrag, z. B. den Kostenvoranschlag für ein medizinisches Hilfsmittel, entscheiden muss. Diese betragen in der Regel drei Wochen. In den Fällen, in denen eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erforderlich ist, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen. Allerdings muss die Krankenkasse dem Versicherten innerhalb der ersten drei Wochen diese Fristverlängerung mitteilen.

SAM: Was passiert, wenn die Krankenkasse diese Fristen nicht einhält?

Karin Glund: Dann gilt der Leistungsantrag als genehmigt. Ausnahme ist, wenn die Krankenkasse vor Ablauf der Fristen dem Versicherten einen hinreichenden Entschuldigungsgrund für die Fristüberschreitung schriftlich mitteilt. Nach einem unentschuldigten Ablauf der Drei- bzw. Fünf-Wochen-Frist kann der Versicherte die beantragte Leistung dagegen beanspruchen.

SAM: Wie kann der Anspruch in so einem Fall auch durchgesetzt werden?

Karin Glund: Der Versicherte sollte auf jeden Fall auf die beantragte Versorgung durch den Leistungserbringer nach Wahl auf Kosten der Krankenkasse bestehen und diesen Versorgungsanspruch gegebenenfalls vor den Sozialgerichten einklagen.

SAM: Herzlichen Dank für das Gespräch und die vielen hilfreichen Informationen!

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