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Narben- und Verbrennungstherapie
Interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Sanitätshaus sowie Ärztin oder Arzt
Autor: Gunnar Römer
Bei Sanitätshäusern denkt man vermutlich zunächst an Bandagen, Orthesen oder Hilfsmittel zur Mobilität. Welch wichtige Bedeutung ihnen auch in der Narben- und Verbrennungstherapie zukommt, zeigt ein Blick nach Frankfurt am Main. Hier befindet sich das Sanitätshaus Pauli, das als eines der wenigen Häuser einen Schwerpunkt auf die Versorgung von Brandwunden gelegt hat.
Das Sanitätshaus Pauli versorgt Brandwunden und Narben, die durch verschiedene Ursachen entstehen können. Dazu gehören thermische Verbrennungen, die durch Kontakt mit heißem Material oder Flammen verursacht werden. Verbrühungen treten besonders häufig bei Kindern auf, die mit heißem Tee, Kaffee oder anderen heißen Flüssigkeiten in Berührung kommen. Bei Erwachsenen sind die Verletzungen oft etwas schwerwiegender. Sie entstehen durch Elektroverbrennungen oder Schweißgeräte. „Wir sehen sogar Brandwunden, die durch die heißen Steine in der Sauna verursacht wurden“, verrät Wilfried T. Heisters, Prokurist im Sanitätshaus Pauli. Die derzeitige Grillsaison tut ihr Übriges, so der Fachmann.
Schwerpunkt auf Verbrennungen seit über vier Jahrzehnten
Versorgung von Brandwunden und Narben hat im Sanitätshaus Pauli bereits eine lange Tradition. Schon 1979 wurde der entsprechende Schwerpunkt gelegt. Der aktuelle Geschäftsführer Holger Pauli ist seit 1981 auf diesem Gebiet tätig und aufgrund seiner langjährigen Expertise auch Dozent an der Bundesfachschule für Orthopädietechnik in Dortmund. Dort unterrichtet der erfahrene Experte den Bereich „Versorgung von Brandwunden mit Hilfsmitteln“. Dass das Sanitätshaus Pauli genau hier tätig ist, liegt unter anderem an der räumlichen Nähe zum Zentrum für Schwerbrandverletzte in Offenbach und zum Krankenhaus in Frankfurt-Höchst, dass sich mit der Versorgung von Verbrennungen bei Kindern hervorgetan hat. „1988 ereignete sich auf dem US-Stützpunkt in Rammstein während einer Flugshow ein schwerer Unfall. Seinerzeit waren wir an der Versorgung der Brandverletzten entscheidend beteiligt“, so Wilfried Heisters.
Hilfsmittelversorgung wird auf jede Patientin und jeden Patienten individuell abgestimmt
An erster Stelle der Hilfsmittel steht die Kompressionsbekleidung. „Diese wird eingesetzt, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Sie übt einen gleichmäßigen Druck auf die betroffenen Stellen aus, reduziert Schwellungen, verbessert die Durchblutung, wirkt hypertrophen Narben entgegen und fördert die Wundheilung“, erklärt Heisters. Die Hilfsmittel schützen die Haut zudem vor Reibung, verringern das Infektionsrisiko und verbessern das Erscheinungsbild von Narben. Das Material ist extrem dünn und fühlt sich wie eine zweite Haut an. Ein weiteres Hilfsmittel sind Druckpelotten: Sie dienen ebenfalls dazu, gezielten Druck auf die verbrannten Bereiche auszuüben. Schwellungen lassen sich reduzieren, das Narbengewebe bleibt flach und die Beweglichkeit der umliegenden Gewebe wird erhalten. Gleichzeitig bieten sie Schutz vor äußeren Reizen. „Auch spezielle Arzneimittel wie u. a. dexpanthenolhaltige Salben gehören dazu. Der Wirkstoff fördert die Heilung der verletzten Hautschichten und hält die Areale weich.“, berichtet der Experte.
Zusammenarbeit mit Ärzten beginnt mitunter schon im OP-Saal
Dass Patientinnen und Patienten mit einem Rezept ins Sanitätshaus kommen, ist bei der Versorgung von Verbrennungen und Narben eher unüblich. Vielmehr erfolgt die Behandlung Hand in Hand mit dem ärztlichen Personal. In einigen Fällen kann es sogar vorkommen, dass die Sanitätshausfachkräfte bereits im OP-Saal die Brandwunden ausmessen, um maßgeschneiderte Kompressionsbekleidung anfertigen zu können, denn keine Verletzung ist wie die andere. Spätestens aber eine Woche nach dem Eingriff erfolgt eine gemeinsame Sprechstunde zwischen Ärztin oder Arzt, Sanitätshauspersonal und Patientin bzw. Patient, um die gesamte Therapie zu planen. Diese dauert je nach Schwere der Verletzung zwischen sechs Monaten und mehreren Jahren. „Dabei arbeiten wir stets in interprofessionellen Teams zusammen, um die Betroffenen bestmöglich zu behandeln.“
Akzeptanz der Hilfsmittel steht ganz weit oben
Es gibt demnach einige Unterschiede zwischen der Narben- und Verbrennungstherapie und anderen Indikationen, die von einem Sanitätshaus bedient werden. Eines aber ist identisch: Hilfsmittel müssen von den Patientinnen und Patienten akzeptiert werden. Hierzu verweist Wilfried Heisters auf eine Geschichte, die sich unlängst im Sanitätshaus Pauli zugetragen hat. Eine junge Frau musste aufgrund einer schweren Verbrennung an der Brust mit einer Kompressionsweste versorgt werden. Gleichzeitig äußerte sie aber den Wunsch, im Sommer manchmal bauchfrei zu tragen. „Wir konnten der Patientin den besonderen Wunsch erfüllen, indem wir anstelle einer dafür eigentlich vorgesehenen Weste ein Bustier angefertigt haben“. Sie hat das Hilfsmittel gerne getragen und die Heilung damit gefördert. Das muss immer das Ziel sein. Oder: größtmöglicher Erfolg mit zufriedenen Patientinnen und Patienten. „Dabei arbeiten wir stets in interprofessionellen Teams zusammen, um die Betroffenen bestmöglich zu behandeln.“
Das Sanitätshaus Pauli wurde im Jahr 1960 durch Hans-Günther Pauli gegründet und beschäftigt aktuell 61 Mitarbeitende an drei Standorten. Mehr über das Sanitätshaus mit dem Lächeln erfahren Sie hier: