Systemrelevant und nervenstark durch die Coronakrise

SARS-CoV-2, kurz: das Coronavirus, hält seit Monaten die Welt in Atem. Bund und Länder haben sich in Deutschland angesichts der Coronakrise auf drastische Maßnahmen sowie noch nie da gewesene Einschränkungen geeinigt, um zwischenmenschliche Kontakte auf das Nötigste zu reduzieren. Nicht zuletzt Menschen, die zur Risikogruppe für eine Coronainfektion gehören, sollen zu Hause bleiben.

Autor: Christian Sujata

Im Zuge dieser besonderen Herausforderung hat die Bundesregierung entschieden, welche Bereiche für die Grundversorgung der Bevölkerung wirklich wichtig sind und deshalb auch während der weitreichenden Einschränkungen weiterhin geöffnet bleiben dürfen. Hierzu zählen die Sanitätshäuser mit dem Lächeln, die in ihrer Funktion für die Menschen als systemrelevant und somit unverzichtbar eingestuft wurden. Um zu erfahren, wie die Sanitätshäuser mit dem Lächeln durch die schwierige Zeit navigieren und ihre wichtigste Aufgabe, also die Sicherstellung der Pantientenversorgung während der Pandemie, meistern, hat das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN mit Verantwortlichen aus fünf verschiedenen Sanitätshausunternehmen gesprochen.

SAM: Jeder Einzelne von uns bemerkt in seinem beruflichen wie privaten Leben die großen Einschränkungen sowie Änderugen aufgrund der Coronakrise. Wie war das bei Ihnen allen, ab wann war Ihnen klar, dass sich nun mindestens einige Wochen und Monate grundlegend etwas ändern wird?

ANNKATRIN SÖHNGEN: Uns wurde es klar, als die Atemschutzmasken bereits ausverkauft waren und wir von unserem doch großen Bestand an Desinfektionsmittel fast nichts mehr auf Lager hatten sowie auch nur noch schleppend welches zu bekommen war. Außerdem wurde durch die Situation in Italien deutlich, wohin es auch bei uns innerhalb kürzester Zeit führen wird.

BERND URBAN: Wir haben für Desinfektionsmittel sogar mehrere Anfragen von Betrieben erhalten, die diese nicht wirklich benötigen, und haben uns dafür teils abstruse Summen geboten. Wir haben diese unseriösen Anfragen im Keim erstickt. Da wir hier in Bayern sehr nah dran sind, haben wir schon recht früh die Berichte über die Lage in Italien und später Österreich aufmerksam verfolgt. Wir sind auch nur 20 Minuten von der Stadt Mitterteich entfernt, die als allererste Ausgangssperren ausgerufen hat.

DIANA KLINGENBERG: Uns wurde bereits im Januar mit den Nachrichten aus China klar, dass durch unsere Globalisierung und die hohe Reisefreudigkeit der Deutschen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Coronavirus auch uns schnell erreicht.

BRIGITTE PERICK: Wir haben noch Ende Januar angefangen, uns mit Hilfsmitteln zu bevorraten, da viele Produkte im asiatischen Raum hergestellt werden. Zunächst haben wir nur anstehende Produktionseinschränkungen durch vorübergehende Betriebsschließungen in China vermutet.

FELIX CARQUEVILLE: Auch mich hat die Lage in China früh beunruhigt. Deshalb haben wir ab Februar Liefereinschränkungen erwartet und beim Mundschutz dann auch prompt gespürt. Aus diesem Grund haben wir unsere Lager gefüllt. Zumindest mit dem, was sinnvoll und verfügbar war. Größere geschäftliche Einschränkungen wurden mir erst so richtig Mitte März bewusst, mit dem Beschluss zur Schließung der Kindergärten und Schulen.

SAM: Welche Maßnahmen haben Sie dann getroffen?

FELIX CARQUEVILLE: Eine ganze Menge. Schutzausrüstung wurde beschafft, die Verkaufsräume – von Aushängen und Abstandsmarken bis zu Absperrungen und Plexiglasschutzwänden – angepasst sowie Arbeitszeiten flexibilisiert, um die Kinderbetreuung abzusichern. Als Kinder noch nicht als Überträger galten, hatten wir zunächst auch geplant, eine Kinderbetreuung zu organisieren, was wir aber verständlicherweise wieder verworfen haben. Darüber hinaus haben wir betriebswirtschaftliche Szenarien kalkuliert und uns kontinuierlich sowie eng mit allen Abteilungen abgestimmt, um ein aktuelles Bild der Lage zu erhalten. Außerdem mussten wir das Thema Kurzarbeit erst einmal richtig verstehen, um dann entsprechend zu organisieren, denn so was gab es in unserer Branche noch nie. Wir haben übrigens entschieden, das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent aufzustocken, um die Einbußen der Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten.

© reha team Perick GmbH

BRIGITTE PERICK: Ab Mitte Februar haben wir Ideen für einen Notfallplan gesammelt, der vorrangig den Schutz unserer Mitarbeiter betraf. Die ersten Bestellungen an Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung wurden geordert. Weiterhin wurde der Freiverkauf von wichtigen, knappen Hilfsmitteln eingestellt, um eine Versorgung für unsere Dauerversorgungskunden mit tatsächlichem Istbedarf sicherzustellen. Ebenso haben wir mit unseren Logistikpartnern die Lagerhaltung von wichtigen Hilfsmitteln optimiert, das heißt, auch dort wurde entsprechend unseren durchschnittlichen Bestellvolumen an Homecare-Hilfsmitteln eine Bevorratung angelegt.

BERND URBAN: Schon eine Woche, bevor unser Ministerpräsident allgemeine Ausgangsbeschränkungen für ganz Bayern erlassen hat, haben wir als Allererstes den Verkehr zwischen unseren Filialen eingestellt, um das Risiko für unsere Mitarbeiter und Kunden so gering wie möglich zu halten. Weiterhin haben wir den Hygieneplan aktualisiert und alle Mitarbeiter informiert, was zu tun ist, wenn bei jemandem Symptome auftauchen sollten. Des Weiteren wurden alle mit Desinfektionsmitteln und Handschuhen ausgestattet. Probleme gab es nur bei den Schutzmasken, an die wir derzeit auch nicht mehr kommen, was ein großes Problem für die Versorgung im Homecare-Bereich oder unserer Krankenschwestern darstellt.

ANNKATRIN SÖHNGEN: Bei uns wurde schnell die Zahl der im Ladenlokal anwesenden Kunden begrenzt und es wurden Schutzwände aus Acrylglas an der Theke aufgestellt.

DIANA KLINGENBERG: Anfang Februar haben wir den Standardnotfallplan für die aktuelle Situation angepasst. Das bedeutet vorbereitende Maßnahmen zur Sicherung der Geschäftsfähigkeit, Aufstockung von Homeoffice-Ausstattung und Anpassung der Dienstpläne, um zeitlich getrennte Teams zu bilden.

SAM: Die Lage verändert sich gerade täglich, bedeutet das für Sie, dass Sie ständig an Ihren gerade beschriebenen Entscheidungen nachjustieren müssen?

FELIX CARQUEVILLE: Ja, wir hinterfragen uns ständig und fordern das auch von unseren Mitarbeitern ein. Entsprechend passen wir Öffnungszeiten und Arbeitsabläufe an. Und natürlich müssen all die oben beschriebenen Maßnahmen kontinuierlich angepasst werden.

DIANA KLINGENBERG: Wir haben mehrmals unsere Öffnungszeiten angepasst. Wichtig ist es, die Mitarbeiter zu schützen und so eine Aufteilung in Teams, die separat arbeiten, zu gewährleiten. Weiterhin bieten wir allen Kunden eine kostenfreie Anlieferung bzw. einen Gratisversand von notwendigen Hilfsmitteln direkt nach Hause an. Auch haben wir angeboten, das Lieferintervall anzupassen, also bereits für zwei oder drei Monate, anstatt einmal monatlich zu liefern.

BRIGITTE PERICK: Unser Krisenstab trifft sich – natürlich mit gebührender körperlicher Distanz – täglich, um sich über Neuerungen, wie Lieferbedarf und -fähigkeit, Kundenbesuche, behördliche Maßgaben oder Mitarbeiterinformationen, auszutauschen. Aus jeder Sitzung resultieren neue Maßnahmen.

ANNKATRIN SÖHNGEN: Wir beraten uns ebenfalls täglich, teilweise stündlich innerhalb der Geschäftsführung, und versuchen immer aktuell informiert zu sein sowie Maßnahmen schnell umzusetzen. Die Öffnungszeiten haben wir bisher nicht geändert.

SAM: Und wie schützen Sie Ihre eigenen Mitarbeiter?

BRIGITTE PERICK: Dazu gehören bei uns Maßnahmen wie Ein-Mann-Büros, Laufwege im Betrieb als Einbahnstraßen, die teamweise Nutzung von verschiedenen Gebäudeeingängen und Treppenhäusern im Betrieb, Hygienevorschriften für alle Arbeitsplätze, die Aufteilung in zwei Schichtteams und kontaktloser Schichtwechsel bei den Kompetenzteams, Hygienehinweisschilder, Spukschutzwände sowie die Begrenzung auf maximal zwei Personen in den Aufenthaltsräumen. Die Kollegen, die vor Ort versorgen müssen, haben Schutzkleidung und eine Verhaltensanweisung im Umgang mit dem Kunden erhalten. Die Lieferanten und Paketdienste laden vor dem Hallentor ab. Noch notwendige Unterschriften werden an einer Übergabestation kontaktfrei geleistet.

© Wiesanha H.+ W.

ANNKATRIN SÖHNGEN: Unsere Mitarbeiter schützen wir durch die Bereitstellung von Handschuhen, Masken, Schutzkitteln sowie Installation von Spuckschutzwänden. Desinfektionsmittel und sonstige Schutzausrüstung stehen ihnen ohnehin immer zur Verfügung.

FELIX CARQUEVILLE: Wir haben Schutzbrillen und FFP2-Masken in ausreichender Menge beschafft. Für den Eigenbedarf steht zudem Desinfektionsmittel zur Verfügung. Schutzanzüge haben wir dagegen nur noch wenige. Am wichtigsten sind jedoch die Verhaltensregeln zu Abstand und Grundhygiene, die hier für alle gelten.

DIANA KLINGENBERG: Wir haben das Glück, dass wir in unseren neuen Räumlichkeiten viel Platz für den nötigen Abstand haben. Alle Eingänge öffnen sich über automatische Schiebetüren und überall stehen Desinfektionspender. Auch berührungslose Armaturen helfen, beim Händewaschen die Kontaktstellen zu reduzieren. Wir haben zwei Teams für Früh- und Spätschichten sowie eine Etagentrennung. Selbstdesinfektion und regelmäßige Desinfektion bspw. von Türklinken und anderen häufigen Kontaktflächen gehören dazu. Auch das Einhalten von Abstandsregeln untereinander, vor allem im Pausenraum, ist notwendig.

SAM: Gibt es auch Mitarbeiter bei Ihnen, die jetzt im Homeoffice arbeiten?

BERND URBAN: In manchen Bereichen ist das schwer realisierbar. Die Verwaltungsmitarbeiter allerdings arbeiten bei uns derzeit komplett im Homeoffice. Bei uns sind aber auch viel weniger Mitarbeiter in den Filialen als üblich, da auch bei uns Kurzarbeit eingeführt wurde. Das hängt damit zusammen, dass viele Praxen und Kliniken, an denen wir arbeitstechnisch dranhängen, sich derzeit hauptsächlich auf Coronapatienten konzentrieren und ihre Räumlichkeiten entsprechend umrüsten.

DIANA KLINGENBERG: Bei uns wurde insbesondere für die Homecare-Abteilung die Möglichkeit der Heimarbeit eingerichtet und damit alle Mitarbeiter separiert. Damit haben wir frühzeitig sichergestellt, dass eine laufende Betreuung und Versorgung möglich sind, auch wenn einzelne Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen.

FELIX CARQUEVILLE: Bei uns sind es vor allem Mitarbeiter aus dem Innendienst. Wir haben die Arbeitsabläufe für das Homeoffice frühzeitig getestet sowie die Anschaffung 15 neuer Computer vorgezogen, die jetzt erst mal für Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und in der Folge dann Altgeräte in den Büros ersetzen sollen. Zudem sind wir sehr flexibel bei der Gestaltung der Arbeitszeiten.

SAM: Die Sanitätshäuser gehören zu den systemrelevanten Bausteinen unserer Gesellschaft, die für die Grundversorgung immens wichtig sind und deshalb weiter geöffnet haben dürfen. Wie finden Sie diese Entscheidung der Bundesregierung?

© Schürmaier GmbH & Co.KG

DIANA KLINGENBERG: Absolut richtig, denn die Hilfsmittelversorgung ist neben der Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln essenziell im Gesundheitswesen. Und gerade jetzt, in so einer unsicheren Situation, ist eine sichere Versorgung mit Hilfsmitteln wie Inkontinenzmaterialen, Stomaversorgungen und Pflegehilfsmitteln sehr wichtig. Wir haben auch festgestellt, dass eine gute Kompressionsversorgung bei Menschen, die sich weniger bewegen, aktuell einen hohen Stellenwert hat.

FELIX CARQUEVILLE: Ich habe mich natürlich gefreut, dass in der Politik das Wort Sanitätshaus überhaupt mal benutzt wurde, da wir in der Regel als „sonstige Leistungserbringer“ keine Beachtung finden. Insbesondere unsere Kunden im Homecare-Bereich sind auf pünktliche und zuverlässige Lieferungen angewiesen. Auch sonst vertreiben wir keine Artikel, die man aus Lust kauft, sondern aus einem medizinischen Bedürfnis. Insofern war diese Entscheidung „alternativlos“.

ANNKATRIN SÖHNGEN: Ich finde diese Entscheidung gut. Es ist wichtig, dass wir unsere Kunden weiterhin mit Hilfsmitteln versorgen können. Darunter zählen vor allem die Versorgungen mit Inkontinenzmaterialien, Pflegebetten und Rollstühlen.

BERND URBAN: Schon bevor diese wichtige Entscheidung getroffen wurde, haben wir einen Brief an die Politiker geschrieben, dass unsere Branche auf keinen Fall vergessen werden darf, weil wir mit dem Homecare-Bereich oder der Orthopädietechnik Notfallversorgungen und Patienten haben, die bspw. laufend auf Nahrung oder Wundversorgung angewiesen sind.

BRIGITTE PERICK: Das ist definitiv eine richtige Entscheidung. Nahrungs-, Inko- und Stomapatienten sind auf die Lieferung der entsprechenden Produkte durch uns angewiesen. Pflegebedürftige Menschen zu Hause müssen ihre Hilfsmittel im Falle einer Reparatur wieder zeitnah nutzbar haben. Wir müssen niemanden mobil machen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Aber dennoch gibt es auch bedürftige Menschen, die diese Mobilität, z. B. mit einem Rollstuhl, für eigene notwendige Besorgungen benötigen. Das müssen wir sicherstellen. Wir werden gebraucht – und zwar gerade jetzt.

SAM: Schulungen, Fortbildungen, diverse Veranstaltungen sind auch bei Ihnen abgesagt oder verschoben worden, in welchen Bereichen gab es ansonsten weitreichende Änderungen?

BERND URBAN: Wir versuchen, vor allem die Kundenkontakte überall dort zu minimieren, wo es möglich ist. Beispielsweise senden wir derzeit Produkte weitestgehend per Post, um für alle Beteiligten das Ansteckungsrisiko zu senken.

BRIGITTE PERICK: Wir stellen fest, dass der Bedarf an „leichter“, allgemeiner Mobilität nahezu komplett weggebrochen ist. Die Pflege zu Hause ist dagegen derzeit unser größtes Tagesgeschäft, da die Krankenhäuser alle Patienten so schnell wie möglich entlassen, um sich auf eine mögliche Aufnahme von Infizierten vorzubereiten. Einrichtungen sowie Heime haben wir telefonisch kontaktiert und vereinbart, dass der Besuch zur Versorgung nur nach telefonischer Absprache erfolgt.

DIANA KLINGENBERG: Die größten Einschränkungen sind beim direkten Kundenkontakt in den Beratungs- und Verkaufsräumen sowie im Hausbesuch vorhanden. Auch die Betreuung von Kunden in Einrichtungen gestaltet sich schwieriger. Hier ist die Situation von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich, aber in jedem Fall werden nicht absolut notwendige Kontakte unterbunden. Die Betreuung über Telefon, E-Mail, aber auch Post ist aktuell intensiviert. Weiterhin geben wir Hinweise und Tipps zu Hygienemaßnahmen, auch an die pflegenden Angehörigen. Und unser Kundenservice ist weiterhin für alle erreichbar.

FELIX CARQUEVILLE: Die Bereiche Sanitätshaus, Rehatechnik und Schuhtechnik sind am stärksten von Nachfrageeinbrüchen betroffen. Andere Bereiche nutzen die Zeit, um alte Aufträge abzuarbeiten. Hier erwarten wir einen Einbruch erst ab Mai. Wir mussten außerdem in allen Bereichen den Kontakt mit den Kunden anpassen und einschränken. Es wird jetzt mehr telefonisch oder über Chat abgewickelt.

ANNKATRIN SÖHNGEN: Bei der Tourenplanung fragen wir nun gezielter nach, ob wir das Hilfsmittel bringen und ob wir Krankenhäuser bzw. Pflegeheime betreten dürfen. In den meisten Fällen wird uns der Zutritt noch gestattet, allerdings werden z. B. in Pflegeheimen die Hilfsmittel am Empfang zugestellt. Ansonsten versuchen wir, uns durchzubeißen und unter Berücksichtigung der Schutzmaßnamen normal weiterzuarbeiten.

SAM: Gibt es auch beschwerte Bedingungen für interne Bereiche, wie die Medizintechnik?

ANNKATRIN SÖHNGEN: Nein, da können wir bisher gut weiterarbeiten.

© Sanitäts- und Gesundheitshaus Carqueville GmbH

FELIX CARQUEVILLE: Bei uns schon, da auch hier eigentlich naher Kundenkontakt nötig ist, den wir nun nur eingeschränkt haben, und die Kontakte unter den Mitarbeitern mussten ja ebenfalls reduziert werden.

BRIGITTE PERICK: Unsere Kernkompetenz liegt in der Rehatechnik. Hier gehört zum Aufrechterhalten unserer Arbeit die Reinigung und Desinfektion. Aufgrund von massivsten Lieferengpässen bereitet es uns im Moment Sorgen, wie lange wir hier noch notwendige Desinfektionsmittel erhalten. Die ersten aus dem Krankenhaus entlassenen Coronapatienten haben wir, mit spezieller Schutzkleidung, mit Sauerstoffkonzentratoren versorgt. Wir sind in der Lage, dies so lange zu leisten, wie wir entsprechenden Schutz für unsere Mitarbeiter gewährleisten können.

DIANA KLINGENBERG: Es müssen verstärkte Eigen- und Fremdschutzmaßnahmen getroffen werden. Auch sind viele Kunden verunsichert und einige von ihnen verschieben ihre Termine für Versorgungen. Aber wir hoffen natürlich, alles zu gegebener Zeit nachzuholen.

BERND URBAN: Bei uns ist das der Bereich, der noch am wenigsten von der aktuellen Lage betroffen ist, weil die Mitarbeiter dort weitestgehend losgelöst vom Tagesgeschäft arbeiten. Lieferteile kommen noch an und Sonderanfertigungen können wie gewohnt hergestellt werden.

SAM: Gibt es auch für die Sanitätshausbranche staatliche Unterstützung, damit die Versorgung von Patienten verschiedener Indikationen weiterhin reibungslos sichergestellt werden kann?

DIANA KLINGENBERG: Wir haben zumindest Soforthilfen beantragt, denn auch uns blieb die Anordnung von Kurzarbeit nicht erspart, da die Versorgung in einzelnen Produktgruppen sowie der Freiverkauf sehr zurückgegangen sind. Natürlich haben daneben auch die Umstrukturierungen in den Kliniken Auswirkungen auf unsere Arbeit. Nun bleibt es abzuwarten, inwieweit die von der Bundesregierung zugesagten Coronahilfen auch in der Praxis wirksam umgesetzt werden.

FELIX CARQUEVILLE: Auch die kurzfristig beschlossenen und zwischenzeitlich angepassten Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur Verwaltungserleichterung helfen. Hoffentlich trägt das dazu bei, den Unterschriftenwahn dauerhaft etwas einzudämmen. Ich erwarte allerdings nicht, dass unsere Branche mit Zuteilungen an Schutzausrüstung bedacht wird.

BERND URBAN: Wir sind deshalb immer noch dabei, der Politik begreifbar zu machen, wie wichtig es für uns ist, unsere Mitarbeiter bspw. durch Schutzmasken zu sichern, die uns derzeit fehlen.

BRIGITTE PERICK: Unsere Anfrage an die entsprechenden Behörden, uns bei der Versorgung mit Schutzkleidung zu unterstützen, wurde als nahezu aussichtslos dargestellt, da nicht mal Rettungsdienste entsprechend ausreichend versorgt werden können. In der starken Gemeinschaft als Mitgliedshaus der Sanitätshaus Aktuell AG erhalten wir allerdings eine bestmögliche Unterstützung, nicht nur, was den Einkauf angeht, sondern auch zu organisatorischen, betrieblichen, betriebswirtschaftlichen Themen, Kundeninformationen, staatlichen Hilfen und Gesetzesänderungen.

SAM: Wagen Sie einen Ausblick, wie es in den nächsten Wochen für Ihre Branche weitergehen wird?

BRIGITTE PERICK: Wenn sogar Professor Dr. Wieler vom RKI sagt: „Wir sind in einer Krise, deren Ausmaß ich mir nie hätte vorstellen können“, möchte ich selbst von einer Prognose Abstand nehmen. Wir alle können nur hoffen, dass es uns durch Disziplin und Solidarität gemeinsam gelingt, mit einem „blauen Auge“ davonzukommen.

© Sanitätshaus Urban & Kemmler

BERND URBAN: Wie es für uns weitergeht, hängt auch massiv damit zusammen, wann wieder Operationen stattfinden und orthopädische Versorgungen normal möglich sind. Meine Hoffnung ist, dass es ab Juni besser wird. Meine Befürchtung ist aber, dass es noch wesentlich länger dauern wird.

DIANA KLINGENBERG: Ich denke, die meisten Einschränkungen wird es noch über längere Zeit geben. Wir passen uns mit unserer Arbeit täglich an die Situation an und möchten uns, neben der reinen Hilfsmittelversorgung, auch so gut wie möglich um unsere Kunden kümmern. Ich bin mir sicher, gemeinsam erreichen wir das auch.

FELIX CARQUEVILLE: Was mich zuversichtlich für die nächsten Wochen macht, ist es, mit so einer großartigen Mannschaft zusammenzuarbeiten. Die Mitarbeiter aller Bereiche sind von Beginn an sehr flexibel und haben gute Ideen, wie wir die Situation meistern können. Die Abteilungen organisieren sich selbstständig, auch was die Umsetzung der Kurzarbeit angeht. Was eine Prognose betrifft, halte ich zwei Dinge für sehr wahrscheinlich: Der Infektionsschutz in Pflegeheimen wird auf lange Zeit deutlich verschärft bleiben und es wird weitere Infektionswellen mit erneuten Einschränkungen geben. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass unser Unternehmen dank unserer sehr guten Mitarbeiter, treuen Kunden und Partner diese schwierige Zeit meistern wird.

SAM: Herzlichen Dank Ihnen allen für das ausführliche Interview!

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