Vergiss mich nicht!

Würdevolle Lösungen bei Demenz anstelle von Angst und Hilflosigkeit

 

Es gibt kaum eine Krankheit, vor der sich die Menschen mehr fürchten als vor Demenz sowie dem damit zusammenhängenden Verlust von Erinnerung und Kontrolle. In Deutschland gibt es zurzeit 1,5 Millionen Betroffene. Bis 2050 kann sich diese Zahl laut Experten verdreifachen. Doch Panikmache hilft niemandem. Deshalb zeigt Ihnen das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGHAZIN anhand einiger Beispiele, wie Angehörige mit dem Thema umgehen, welche würdevollen Lösungen es gibt und wie Sie präventiv das eigene Risiko verringern können.

Autor: Christian Sujata

Erika hatte uns zu ihrem 60. Geburtstag eingeladen, den sie groß mit ihren vielen Freunden in einem Bochumer Lokal feiern wollte“, erzählt Dorit G.. Es entwickelte sich ein schöner, stimmungsvoller Abend mit gutem Essen und ausgiebigen Gesprächen. Das Geburtstagskind Erika ist an diesem Ehrentag wie stets auffällig gekleidet und extravagant frisiert. Ihre Freundinnen schätzen ihre offenherzige Art und dass sie auch über sich selbst lachen kann. Ihre kleinen Schwächen, ihre bekannte Schrulligkeit und Vergesslichkeit, verzeiht man ihr da gerne. Was sie am späten Abend ihres Geburtstages berichtete, sorgte trotz ihrer bekannten Wesenszüge bei Dorit und den anderen Freundinnen allerdings für leichtes Staunen. „Erika erzählte uns, dass sie auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben sei, da sie gleich mehrmals die Unterrichtsräume nicht mehr auffinden konnte“, so Dorit G.. Erika war Englisch- und Kunstlehrerin und machte sich trotz mehrerer solcher Ereignisse keine großen Sorgen.

Geistige Fähigkeiten, Sprache und Motorik lassen nach

Zu Beginn einer Demenz (das lateinische Wort dementia bedeutet „ohne Verstand“) leidet das Kurzzeitgedächtnis. Betroffene sind vergesslich, verlegen Gegenstände und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren oder in fremder Umgebung zu orientieren. Demenz ist ein Oberbegriff für rund 50 Krankheiten, von denen Alzheimer die häufigste ist. Es gibt zahlreiche Faktoren, die eine Demenz begünstigen können. Gemeinsam ist allen Demenzerkrankungen das fortschreitende Absterben von Nervenzellen im Gehirn und dass die Krankheit nicht heilbar ist. Die geistigen Fähigkeiten, Sprache und Motorik der Betroffenen lassen nach und sie können den Alltag nicht mehr bewältigen. Die Ursachen dafür sind noch weitgehend unbekannt.

„Bei Erika häuften sich die seltsamen Situationen“, sagt Dorit G.. „Mal konnte sie ihre Schlüssel nicht finden, dann schaffte sie es nicht, damit die Wohnungstür zu öffnen, schließlich vergaß sie völlig, wo sie ihr Auto abgestellt hat.“ Den Begriff Demenz nahm Erika jedoch selbst nicht in den Mund. Doch da ihr Krankheitsausfall an der Schule immer länger wurde, empfahl ihr die Schulleiterin, eine Auszeit zu nehmen.

Richtige Diagnose wichtig für passende Therapien

Die erste Anlaufstelle für eine Untersuchung ist meist die Hausarztpraxis. Dort kennt man seine Patienten und kann einschätzen, ob sich ihre geistige Verfassung verändert hat. Bei Bedarf folgt die Überweisung in eine neurologische Praxis oder eine Gedächtnisambulanz. Dort können spezielle Demenz-Tests Klarheit bringen. Viele Menschen schämen sich, wenn sie die Diagnose Demenz erhalten. Dabei ist die richtige Diagnose wichtig (Hinweis: Einen verlässlichen Demenz-Test zur Selbstdiagnose gibt es nicht), um andere Ursachen auszuschließen und mit einer passenden Therapie zu beginnen.

„Bei manchen Formen der Demenzerkrankung kann durch eine adäquate Behandlung eine deutliche Verbesserung erzielt werden“, berichtet Elke Zeller, Diplom-Sozialarbeiterin und Diplom-Sozialgerontologin, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Susanne Auferkorte das Netzwerk Demenz im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis betreut. Bei den Therapien können Medikamente zum Einsatz kommen, aber genauso wichtig sind nichtmedikamentöse Maßnahmen, wie kognitives Training, Ergo- und Musiktherapie, in bestimmten Fällen auch Psychotherapie. Ziel der Therapien ist es, den Betroffenen so lange wie möglich ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das Netzwerk hat das Ziel, dass sich Betroffene und Angehörige gegenseitig über aktuelle Entwicklungen sowie neue Erkenntnisse im Hinblick auf Demenz austauschen. Denn wenn der Arzt erstmal eine Demenz diagnostiziert, ist diese Nachricht für den Betroffenen und seine Angehörigen ein großer Schock, der erst einmal verdaut werden muss.

Einfachste Aufgaben werden zu unüberwindbaren Problemen

Circa zwei Jahre nach ihrem 60. Geburtstag hat Erika ihre Wohnung nur noch sehr selten verlassen, auch das Autofahren hat sie aufgegeben. Um sie sehen zu können, musste Dorit G. sie damals in ihrer Wohnung aufsuchen: „Da gab es Situationen, dass sie nach einem Besuch bei Kaffee und Kuchen entsetzt vor dem benutzten Geschirr stand und uns panisch fragte ‚Was mache ich nur mit dem ganzen Geschirr?‘.“ Logische Lösungen kamen Erika zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in den Sinn, einfachste Aufgaben wurden für sie so plötzlich zu unüberwindbaren Problemen. „Ansonsten war diese Zeit besonders dadurch gekennzeichnet, dass sie sich kaum noch aktiv an unseren Gesprächen beteiligte, sondern nur noch teilnahmslos zuhörte“, berichtet Dorit G. weiter. Je fortgeschrittener die Erkrankung ist, desto häufiger reagieren die Betroffenen mit Apathie.

 

Wer an Demenz erkrankt, braucht früher oder später regelmäßig Unterstützung. Besteht voraussichtlich länger als ein halbes Jahr Pflegebedarf, übernimmt die Pflegeversicherung teilweise die entstehenden Kosten. Der Umfang hängt von der Schwere der Pflegebedürftigkeit und der jeweiligen Pflegestufe ab. Durch das neue Pflegestärkungsgesetz soll die Situation der Demenzkranken und ihrer Angehörigen verbessert werden.

 

 

Die häufigsten Demenzformen

 

Alzheimer

Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. Das Typische der Alzheimer-Krankheit besteht darin, dass das Absterben von Nervenzellen mit der Bildung von abnorm veränderten Eiweißbruchstücken einhergeht, die sich im Gehirn ablagern. Die Krankheit führt dazu, dass in bestimmten Bereichen des Gehirns Nervenzellen allmählich zugrunde gehen, regelrechte Löcher im Gehirn entstehen und das Gehirn sich insgesamt verkleinert. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kann die Erkrankung mittels einer Computertomographie erkannt werden.

Vaskuläre Demenz

Verursacht durch Durchblutungsstörungen, für die kleine Schlaganfälle verantwortlich sind, also krankhafte Veränderungen der Gefäße. Heilbar ist die vaskuläre Demenz nicht. Sie sollte aber möglichst früh behandelt werden.

Lewy-Körperchen-Demenz

In den Nervenzellen des Gehirns lagern sich Eiweißreste ab, die nicht richtig abgebaut werden. Diese Einschlüsse sind viel seltener als die Plaques, die bei Alzheimer auftreten. Sie lösen häufig schon im frühen Stadium Sinnestäuschungen aus.

Frontotemporale Demenz

Sie wird häufig mit psychischen Störungen verwechselt, weil sich viele Betroffene auffällig und unsozial verhalten, während ihr Gedächtnis weitgehend erhalten bleibt.

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