Aktiv mit Adaptivrollstuhl
Individuell angepasste Rollstühle als Schlüssel zu mehr Mobilität
Autor und Autorin: Christian Sujata und Suanne Hoffmann
Adaptivrollstühle bieten mehr als Mobilität – sie ermöglichen individuelle Bewegungsfreiheit und fördern die Selbstständigkeit. Mit ihrer Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit sind sie für Menschen mit Bewegungseinschränkungen ein unverzichtbares Hilfsmittel. Wie diese speziellen Rollstühle den Alltag erleichtern und welche Rolle das Sanitätshaus bei der Versorgung spielt, erfahren Sie in unserem Titelthema und dem Interview mit zwei echten Rollstuhlexperten.

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Der Aktivrollstuhl kann – wie sein Name bereits impliziert – aktiv genutzt werden und ermöglicht der Nutzerin oder dem Nutzer die Teilnahme an größeren Aktivitäten. Da der Aktivrollstuhl durch individuell einstellbare Bauteile an seine Fahrerin bzw. seinen Fahrer angepasst wird, nennt man ihn auch Adaptivrollstuhl.
Adaptivrollstühle sind weit mehr als ein Hilfsmittel – sie eröffnen Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Möglichkeit, ihren Alltag aktiv und selbstbestimmt zu gestalten. Dank ihres durchdachten Designs und ihrer individuellen Anpassbarkeit fördern sie die Eigenständigkeit und bieten gleichzeitig Komfort und Ergonomie.
Im Vergleich zu Standardrollstühlen, die oft schwerer und weniger flexibel sind, überzeugen Adaptivrollstühle durch ihr geringes Gewicht, ihre Stabilität und ihre vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten. Sie lassen sich präzise an die Körpermaße anpassen: Sitzhöhe, Sitztiefe, Rückenlehnenneigung und Fußstützen können individuell eingestellt werden, um eine optimale Sitzposition zu gewährleisten. Dies ist besonders wichtig, um den Kraftaufwand beim Antrieb zu minimieren und langfristig ergonomisch zu sitzen.
Adaptivrollstühle gibt es in zwei Hauptvarianten:
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Faltbare Modelle: punkten durch Transportfreundlichkeit – sie lassen sich leicht zusammenklappen und beispielsweise ins Auto laden.
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Starrrahmenrollstühle: bieten maximale Stabilität und eignen sich besonders für anspruchsvolle Umgebungen wie unebenes Gelände oder den Stadtverkehr.
Beide Varianten ermöglichen ihren Nutzerinnen und Nutzern eine aktive Lebensführung.
Anpassung berücksichtigt medizinische und persönliche Bedürfnisse
Die Anpassung eines Adaptivrollstuhls ist ein komplexer Prozess, der Fachwissen erfordert. Sanitätshäuser sind hier entscheidend: Sie beraten umfassend, berücksichtigen medizinische und persönliche Bedürfnisse und nehmen technische Feinjustierungen vor. Auch bei späteren Anpassungen stehen sie den Kundinnen und Kunden zur Seite, um sicherzustellen, dass der Rollstuhl stets optimal auf ihre Anforderungen abgestimmt ist.
Im folgenden Interview geben Gerwin Schroer und Olaf Wienand vom Grenzland Sanitätshaus in Ahaus spannende Einblicke in die Welt der Adaptivrollstühle. Sie erklären die Unterschiede zwischen verschiedenen Modellen, zeigen auf, für wen diese geeignet sind, und beleuchten die wichtige Rolle des Sanitätshauses bei der Versorgung.
Fit und aktiv aus eigenem Antrieb
Ein Rollstuhl ist weit mehr als nur ein Fortbewegungsmittel – er gehört zum Alltag von Menschen mit Bewegungseinschränkungen dazu, ermöglicht ein Stück Unabhängigkeit und Freiheit. Wer vor der Wahl eines Rollstuhls steht, merkt schnell: Die Auswahl ist groß. Jeder Rollstuhl hat seine Besonderheiten – und nicht jeder passt zu jedem Leben. Gerwin Schroer, Geschäftsführer des Grenzland Sanitätshauses in Ahaus, und sein Mitarbeiter, Reha-Fachberater Olaf Wienand, sind die Ansprechpartner für Kundinnen und Kunden, die einen Rollstuhl benötigen, der zu ihren Bedürfnissen passt.
SAM: Welche Arten von Rollstühlen gibt es eigentlich?

Gerwin Schroer: Da gibt es zum einen den Standardrollstuhl, den man auch als Leichtgewichtrollstuhl bezeichnet. Er eignet sich für Menschen, die kaum noch mobil sind, viel im Bett liegen und lediglich zu Hause oder im Pflegeheim mal vom Bett an den Mittagstisch gefahren werden. Für diejenigen mit noch höherem Pflegebedarf, die dauerhaft im Rollstuhl sitzen, gibt es den Multifunktionsrollstuhl mit bequemer Polsterung, praktischen Arm-, Bein- und Rückenlehnen sowie individueller Verstellbarkeit. Diesen sieht man ebenfalls häufig in Pflegeheimen. Beide Varianten werden eingesetzt bei Menschen, die den Rollstuhl nicht mehr aus eigenem Antrieb bewegen können.
SAM: Und was sind Aktivrollstühle?
Olaf Wienand: Der Begriff Adaptivrollstühle passt besser, da er die Funktionsfähigkeit dieser Fortbewegungsmittel besser abbildet. Wir unterscheiden zwischen Faltrollstuhl und Starrrahmenrollstuhl. Sie sind für Leute, die selbst fahren wollen und antreiben können, die ihre Selbständigkeit erhalten wollen – unabhängig vom Alter –, die immer mal von einer passiven in eine aktive Verhaltensweise wechseln wollen und ein robustes Vehikel für unterwegs und dauerhaft brauchen.
SAM: Für wen eignen sich adaptive Rollstühle?
Olaf Wienand: Für Menschen, die aufgrund von Erkrankungen oder Behinderungen auf einen Rollstuhl angewiesen sind, z. B. nach einem Schlaganfall, bei Multipler Sklerose oder einer Querschnittslähmung, die aktiv sein wollen und den Rollstuhl aus eigener Kraft antreiben können.
Gerwin Schroer: Die Leute werden immer älter, bleiben länger fit und wollen ihre Eigenständigkeit so lange wie möglich bewahren. Das selbstständige Antreiben in einem Standardrollstuhl ist nicht möglich. Ein Adaptivrollstuhl ist hier die passende Versorgung.
SAM: Und wann entscheidet man sich für einen Faltrollstuhl oder den Starrrahmenrollstuhl?
Gerwin Schroer: Wer dauerhaft im Rollstuhl sitzt, nimmt den Starrrahmenrollstuhl. Er ist stabiler und widerstandsfähiger, z. B. wenn man damit auf unebenem Gelände unterwegs ist, über Bordsteine fährt oder im Stadtverkehr die Schwelle in der U- oder S-Bahn überwinden muss. Der Faltrollstuhl ist flexibler. Er lässt sich zusammenfalten, man kann ihn leichter ins Auto oder die Bahn verladen. Er ist aber in der Regel schwerer als ein Starrrahmen.
SAM: Wie verläuft dabei die Versorgung bei Ihnen im Sanitätshaus?
Olaf Wienand: Die Betroffenen kommen üblicherweise mit einer Verordnung vom Hausarzt, Orthopäden, der Unfallklinik oder Neurologen zu uns oder wir kommen zu ihnen. Wir schauen nach den körperlichen Voraussetzungen und dem Krankheitsbild. Weiter besprechen wir, welche Erwartungen an den Rollstuhl gestellt werden und was man damit erreichen will. Neben diesen medizinischen und psychosozialen Aspekten prüfen wir, welche technischen Einstellungen vorgenommen werden müssen, damit die Person gut mit dem Rollstuhl klarkommt. Mitunter muss nach einer Beratung bei uns die Verordnung noch angepasst werden, damit wir die aus technischer Sicht beste Versorgung angehen können.
Adaptivrollstühle bieten viele Möglichkeiten, was die Einstellungen an Sitzhöhe, -tiefe, -breite, Rahmenwinkel, Zusatzausstattung etc. anbelangt. Das ist z. B. bei besonders kleinen oder großen Menschen wichtig. Nichts ist kraftraubender beim Antrieb, als wenn man in einem zu breiten Rollstuhl sitzt. Dann gibt es natürlich Menschen, die sich Sonderanfertigungen wünschen – sei es die Bespeichung in einer Wunschfarbe oder ein Modell aus ultraleichtem Carbon. Das sind Extras, die in der Regel selbst gezahlt werden müssen.
Das Grenzland Sanitätshaus im nordrhein-westfälischen Ahaus wird seit 2000 als eigenständiges Unternehmen von Familie Schroer geführt. Rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen am Standort in Ahaus die Kundinnen und Kunden in den Bereichen Reha- und Orthopädietechnik sowie Homecare.
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