Über das Familienglück

Warum Kinder für das Familienglück wichtig sind

 

60 Prozent der Menschen in Deutschland sind der Ansicht, dass man eine Familie braucht, um glücklich zu werden, fand eine Studie des IfD-Instituts für Demoskopie Allensbach im Jahr 2004 heraus. Nirgendwo sonst fühlen sich die Menschen derart zugehörig. Schnell ist man daher geneigt, Familie, Kinder und Glück gleichzusetzen. Das SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin hat für Sie mal ein wenig genauer hingesehen.

Autorin: Jana Pajonk

Frisch gebackene Eltern, deren Kinder lange schlafen und Großeltern, die den Umgang mit ihren Enkelkindern genießen, würden diesen Satz sofort unterschreiben: „Kinder machen glücklich.“ Doch zwischen der Geburt des ersten Kindes sowie dem Dasein als Oma und Opa liegen viele Jahrzehnte, in denen sich Zeiten der Freude mit Zeiten der Krise abwechseln. Ängste sind auszustehen, Konflikte auszutragen und Beziehungskrisen zu überwinden. Erwartungen, Freude, Enttäuschungen und Glück gehören dabei zu jedem Familienleben.

Start ins (Familien)Leben

© TERRITORY CTR GmbH/Jörg Sänger

Die Herausforderungen beginnen gleich nach der Geburt, manchmal sogar währenddessen. „Die Geburt ist erstmal eine Erleichterung. Es ist geschafft. Eine große Freude breitet sich aus und auch die Hormone leisten nach einer normalen Geburt ihren Beitrag“, weiß Hebamme Jana Friedrich. „Es gibt aber auch andere Erfahrungen und enttäuschte Erwartungen, wenn nicht alles perfekt lief “, sagt die Hebamme. „Dann fühlen sich die Mütter manchmal allein und isoliert.“

Die ersten Monate nach der Geburt stellen Eltern auf eine harte Probe. Schlafmangel, eine Neuordnung der Paar- oder Familienbeziehungen sowie Wachstumsschübe erfordern ein ständiges Ausloten der Bedürfnisse aller Beteiligten. Und trotzdem ist jede durchwachte Nacht sofort vergessen, wenn das Kind die Eltern anlächelt. So sind die ersten Monate ein kleiner Vorgeschmack auf die ständige Berg- und Talfahrt durch das Familienleben.

Bedingungslose Liebe

„Kinder lieben einen so unglaublich bedingungslos“, weiß Jana Friedrich, die seit 1998 als Hebamme arbeitet und selbst Mutter von zwei Kindern ist. In ihrem viel gelesenen Blog teilt sie ihre Erfahrungen rund um die Geburt. „Diese bedingungslose Liebe ist ein großes Glück – gerade in unserer Zeit und Gesellschaft, in der es fast immer um Ansprüche geht.“

© Josef Fischnaller

Und wie sieht es mit der Liebe der Eltern zu ihren Kindern aus? Wenn sich an Weihnachten in den staunende zugrunden Augen der Kleinen die tausenden Lichter spiegeln, erkennen wir darin all unsere Hoffnungen. Es ist das Glück des Elternseins, kleine Hoffnungsträger in die Welt zu setzen. Doch tun wir unseren Kindern einen Gefallen, wenn wir unsere Hoffnungen auf sie übertragen? Nein, das tun wir nicht, meint der Göttinger Neurowissenschaftler Professor Gerald Hüther, der sich seit vielen Jahren mit der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beschäftigt. „Ein Kind braucht das Gefühl, aus sich selbst heraus bedeutsam zu sein, ohne dafür etwas leisten zu müssen. Kinder müssen als Subjekte geliebt werden, also genau so wie sie sind“, erklärt der Hirnforscher. „Wenn Kinder zum Objekt elterlicher Hoffnungen, Erwartungen und Wünsche gemacht werden sowie zum Objekt von Maßnahmen, Belehrungen, Lob oder Bestrafung werden, dann fühlen sie sich nicht mehr geliebt, nicht gesehen und nicht zugehörig“, warnt Gerald Hüther. „Das Kind erlebt dann einen seelischen Schmerz, der im Gehirn genau dieselben Netzwerke aktiviert wie ein körperlicher Schmerz. Das lässt sich mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren inzwischen auch sichtbar machen.“

Für das Glück unserer Kinder ist es also notwendig, uns selbst zu hinterfragen. „Die Haltung der Eltern, aus der heraus Kinder und damit auch sie selbst glücklich werden könnten, ist die eines Schatzsuchers“, meint Hüther. „Am besten lassen sich diese Schätze erkennen, wenn man Kindern zuschaut, wie sie gemeinsam frei und unbekümmert spielen. Überfallen Sie Ihre Kinder nicht mit Erklärungen von Dingen, nach denen diese gar nicht gefragt haben, sondern ermutigen und inspirieren Sie sie, ihre eigene Fragen zu stellen“, empfiehlt der Neurobiologe.

Unterstützung in Anspruch nehmen

© Christiane Zießler

Sich Zeit zu nehmen und gute Beziehungen innerhalb der Familie zu pflegen, ist nicht leicht. Es verlangt Bewusstheit, Willen und Disziplin. Zu leicht sind die Versuchungen der Mediengesellschaft. Sehr groß ist der Druck, unter dem wir alle ständig stehen. Mit ihren Aufgaben und Sorgen sind viele Eltern allein und überfordert. „Das Unterstützungssystem fehlt oft“, sagt Christiane Zießler. Die psychologische Psychotherapeutin und Mediatorin leitet die Beratungsstelle Familie im Zentrum in Berlin-Lichtenberg. „Viele Großeltern wohnen weit weg. Diese Vereinzelung ist ein betrübliches gesellschaftliches Phänomen, denn gerade in Zeiten von emotionalem Stress sind Familien auf unterstützende Personen angewiesen.“ Wenn Eltern den Weg zu Christiane Zießler in die Beratungsstelle finden, geht es erstmal um Erziehungsfragen, Geschwister-Probleme oder Schulempfehlungen. „Aber zugrunde liegen immer Störungen in den unterschiedlichen Beziehungen innerhalb der Familie, Schwierigkeiten sowie Unzufriedenheit zwischen Eltern und Kindern oder zwischen den Erwachsenen, auch generationsübergreifend“, erklärt die Familientherapeutin. Am Verhalten der Kinder werden diese Schwierigkeiten sichtbar. „Kinder reagieren auf das, was sie in der Familie erleben“, erklärt Zießler, „Zum Beispiel mit extremer Angst bei einem Trennungskonflikt der Eltern.“ In der Beratungsstelle geht es darum hinter die offensichtlichen Probleme zu schauen, und die Beziehungen in der Familie zu heilen.

Familie als Lernort

Wir können also von unseren Kindern lernen: Bedingungslose Liebe und Selbsterkenntnis stehen hier auf dem Lehrplan. Und unsere Kinder lernen sehr viel von uns. Nicht durch BelehÜber das Familienglück rung, wie wir oft meinen, sondern vor allem durch unser Vorbild. Die Werte und Überzeugungen, die wir vorleben, geben wir weiter. Vielleicht lohnt es sich deshalb, hin und wieder bewusster auf uns selbst zu schauen? Nicht immer gefällt uns, was wir im Spiegel sehen. Aber Christiane Zießler ist überzeugt: „Glück kann auch sein, aus einer durchlebten Krise gestärkt hervorzutreten. Ich habe etwas über mich selbst erfahren, mir ist einiges klarer geworden. Und das fühlt sich gut an.“

Wenn wir Familie nicht nur als einen Ort begreifen, der uns Geborgenheit bietet, sondern auch als Ort der persönlichen Weiterentwicklung betrachten können, steht unserem Familienglück nichts mehr im Wege. Aus dieser Perspektive werden die unumgänglichen Krisen zu Chancen. Und dann besteht das Familienleben aus glücklichen Momenten inmitten von Zeiten, in denen wir etwas lernen und wachsen können.

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