Gute Körperhaltung lässt sich üben
Kolumne für Körper und Geist
Autorin: Lisa Stanke
Wer kennt diese Wortreihe nicht? Im Prinzip ist es doch genau das, was wir unter einer guten Haltung verstehen. Böse Zungen würde nun davon sprechen, dass man einen „Stock verschluckt hat“. Aber was ist es, was eine gute Körperhaltung von einer schlechten unterscheidet? Wie finde ich in eine gute Körperhaltung und wie lerne ich diese auch in diversen Alltagssituationen beizubehalten – am besten, ohne aktiv darüber nachzudenken? Nun genau damit wollen wir uns in den nächsten Zeilen beschäftigen, bevor wir zu ein paar simplen Haltungsschulungsübungen kommen.
Zunächst einmal sollte man immer im Hinterkopf behalten: Deine nächste Haltung ist deine beste Haltung! Je weniger lange wir also in ein und derselben Haltung verbringen, umso gesünder. Dies bedeutet bspw. regelmäßig aufzustehen, die Beine anzuwinkeln oder zu strecken, im Sitzen auf dem Boden zu arbeiten, mal zu knien, sich hinzustellen und ein paar Schritte zu gehen etc. Es geht darum, dass man jede Stunde mindestens fünf Minuten eine Art aktive Pause einfließen lässt. Und wie diese aktive Pause aussehen kann, das ist absolut individuell. Das hängt nicht nur davon ab, welche Positionen wir einnehmen können und wollen, sondern auch davon, wie stark und mobil wir sind und welche Position für unsere anatomischen Voraussetzungen funktional ist. Zwinge dich also bspw. nicht in einen Kniestand oder Schneidersitz, wenn dein Körper diese Position nicht als gut empfindet und sich „dagegen wehrt“.
Doch neben diesen aktiven Pausen, was genau macht denn eine gute Körperhaltung aus und wie komme ich aus meinem Hohlkreuz, meinem Rundrücken oder meinem vorgeschobenen Kopf genau da hin? Es gibt nicht die perfekte Haltung, jeder Mensch ist individuell und sollte eine für sich optimale Haltung finden. Dennoch gibt es ein paar wichtige Hinweise, die man dabei beachten sollte. Zum einen: Ziehe niemals deine Schulterblätter nach hinten zusammen, um deinen oberen Rücken aufzurichten. Dies führt nur zu einer Überaktivierung der Schulterblattretraktoren, also der Muskeln, die die Schulterblätter zusammenziehen, wie den Rhomboiden und dem Trapezius. Vermeide eine Hyperaktivierung von diesen, um Verspannungen und gefühlte Blockierungen in der Brustwirbelsäule und oftmals damit verbundene Spannungskopfschmerzen zu vermeiden. Beginne stattdessen tatsächlich deine Wirbelsäule aufzurichten. Stelle dir dafür vor, du hast einen Marionettenfaden vorne an deinem Brustbein befestigt, welcher zur Decke gezogen wird und damit deinen Brustkorb anhebt, ohne deine Schulterblätter zu aktivieren. Spüre dabei automatisch, wie auch dein Kopf ein Stück nach hinten kommt und du merkst, wie du mehr im Lot stehst.
Zum anderen versuche deinen unteren Rücken in eine stabilere Position zu bringen, indem du deine Beckenposition optimierst. Stelle dir vor, du hast einen Gürtel an und ziehst dabei deine Gürtelschnalle zu deinen untersten Rippenbögen sanft mit einer Ausatmung heran, sodass dein Bauch leicht auf Spannung kommt, dein Körpergewicht sich gut auf beide Füße verteilt und du gefühlt gerade und aufrecht stehst. Versuche aber wirklich nur das Becken in eine neutrale Position zu bringen und nicht den unteren Rücken übermäßig zu runden. Du spürst deine Fersen nun etwas mehr belastet als deine Vorfüße. Im Vorfuß liegt der Fokus jeweils zudem auf deinem Großzehenballen und deinem Kleinzehehballen. Wenn du diese Aufrichtungsübungen im Sitzen absolvierst, spürst du als Pendant dazu deine beiden Sitzhöcker gleichmäßig und deutlich auf der Sitzunterlage. Um dir eine kleine Hilfe zunutze zu machen, kannst du diese Übung des „aktiven Stehens“ gerne an einer Wand oder im Sitzen mit Kontakt zur Rückenlehne durchführen.
Nun weißt du, wie du dich selber aktiv in eine bessere Körperhaltung bringen kannst. Doch bitte denke hier wieder an den Anfang zurück: Deine beste Position ist deine nächste Position! Unser Körper braucht Abwechslung in den Haltungen, um funktionsfähig und schmerzfrei zu bleiben. Also gönn dir auch mal Phasen des Rund-Sitzens, Phasen des Schräg-Sitzens etc. Und fang an deine Rumpfmuskulatur zu kräftigen und funktional zu trainieren, damit diese dir helfen kann, eine aktive Haltung einzunehmen und ohne großen Aufwand auch beizubehalten. Wie genau das aussehen kann, das solltest du mit einem guten Coach besprechen, der sich zunächst erst mal ein Bild von dir und deinem Körper, deinen Voraussetzungen und deinen Fähigkeiten macht, am besten mithilfe einer fundierten Bewegungsanalyse, um dir individuell die für dich am besten passendsten Übungen zu geben. Auf der folgenden Seite sind zwei Übungen zum aktiven Stehen und Sitzen beschrieben, die du so oft es geht immer mal wieder in deinen Alltag integrieren solltest. Spüre hierbei auch, wie es dir von Mal zu Mal immer leichter fallen wird, die Positionen einzunehmen und beizubehalten. Genieße die Entspannung dabei und versuche tiefe und langsame Atemzüge zu machen.
Aktives Stehen
Stelle dich an eine Wand. Deine Füße dürfen ein wenig Abstand zur Wand haben. Bringe deinen Steiß, deinen oberen Rücken und wenn es geht deinen Hinterkopf an die Wand (Kopf dabei aber neutral lassen und nicht in den Nacken legen). Ziehe deine Gürtelschnalle zum Becken heran und richte deinen Brustkorb damit über deinem Becken aus. Halte dein Brustbein stolz und stelle dir wieder das Marionettenfädchen vor, das dein Brustbein zur Decke zieht. Stelle dir nun weiter vor, dass du deine Schultern auseinanderschieben willst, als ob du dich an der Tür breitmachen möchtest wie ein Türsteher. Halte diese Position und atme nun tiefe Atemzüge durch die Nase in den gesamten Brustkorb und erweitere diesen um 360 Grad. Bleibe dabei aber stets entspannt (ca. 1–2 Minuten).
Aktives Sitzen
Man kann diese Übung auch ebenso im Sitzen durchführen. Setze dich dafür aufrecht auf einen Stuhl mit Kontakt zur Rückenlehne. Spüre deine beiden Sitzhöcker deutlich und richte dein Becken so auf, dass diese senkrecht in die Sitzfläche zeigen. Bauch ist auch hier wieder leicht unter Spannung. Brustbein wie zuvor anheben und Arme locker rechts und links herabhängen lassen. Versuche auch hier wieder deine Schulterblätter auseinanderzuschieben und dich an der Türe breitzumachen wie ein Türsteher. Halte diese Position entspannt für mehrere Atemzüge (ca. 1–2 Minuten).
Lisa Stanke ist Sportwissenschaftlerin (M.A. Rehabilitation, Prävention und Gesundheitsmanagement) und arbeitet als Personal Coach mit Einzelpersonen und Unternehmen in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Stressmanagement und Schmerzcoaching. Sie hat sich zudem darauf spezialisiert, anhand einer individuellen Bewegungsanalyse die genauen Schmerzursachen herauszufinden und eine wirklich auf die Einzelperson zugeschnittene Betreuung zu ermöglichen. Mit ihrem Team haben sie sich bei Funcnetics das Ziel gesetzt, Menschen auf ihrem Weg in ein bewegteres und gesünderes Leben mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und somit inneres Wohlbefinden zu erreichen. Mehr dazu im Internet unter www.funcnetics.de und instagram.com/funcnetics.