Rücken ohne Schmerzen

Was wir tun können, wenn es zwickt und zwackt

 

Die Volkskrankheit Rückenschmerz schlägt alle Rekorde: Fast jeder hat sie schon am eigenen Leib gespürt, 80 Prozent aller Deutschen plagt sie zumindest zeitweise. Bei 20 Prozent sind die Schmerzen bereits chronisch. Das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN gibt Ihnen einen Überblick, wo Betroffene die beste Hilfe finden und was Sie selbst für Ihren Rücken tun können.

Autoren: Christian Sujata und Nadine Baltes

Dank des Rückens sind wir die einzigen Lebewesen, die lange Zeit aufrecht gehen können. Ermöglicht wird dies durch ein filigranes Zusammenspiel von sieben Hals-, zwölf Brust- und fünf Lendenwirbeln, Kreuz- und Steißbein sowie vielen Muskeln und Sehnen. Dazwischen dämpfen Bandscheiben alle Bewegungen. Doch dieses „Wunderwerk“ nehmen wir meist erst dann wahr, wenn es zu schmerzen beginnt.

Warum uns der Rücken plagt

Rückenschmerzen können viele Ursachen haben wie Fehlhaltungen, einseitige Belastungen, verschleißbedingte Entzündungsreaktionen an Sehnen und Muskeln oder auch andauernder Stress. Hauptursache ist allerdings der Bewegungsmangel. Vor allem die reduzierte Bewegung ist ein Phänomen der Neuzeit. Millionen Deutsche arbeiten stundenlang am Bildschirm und bewegen sich zu wenig. Hinzu kommt nicht selten Übergewicht. Auf Dauer pures Gift für den Rücken.

© Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK)

Fachkundige Hilfe ist ratsam

Wenn der Rücken erst einmal schmerzt, hat der Betroffene bereits geraume Zeit ein „Problem“. Wichtig zu wissen: Nicht in allen Fällen mit Rücken- und Beinschmerzen ist die Ursache ein Bandscheibenvorfall. Am Anfang steht deshalb die richtige Diagnose mithilfe der Krankenvorgeschichte und einer körperlichen Untersuchung. Im Einzelfall können auch bildgebende Verfahren wie Röntgen oder eine Kernspintomografie sinnvoll sein. Ist es tatsächlich ein Bandscheibenvorfall, kommen Krankengymnastik und Schmerzmedikamente zum Einsatz. Auch Medikamente zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien) können ergänzend verordnet werden. Zudem gibt es Spritzen mit schmerzstillenden und entzündungshemmenden Wirkstoffen, die entweder in den Rückenkanal (PDI) oder an die schmerzende Nervenwurzel (PRT) durch den Arzt gespritzt werden.

Warum Bewegung wichtig ist

Schonhaltungen können Schmerzen verstärken, da die Muskulatur in ihrem verkrampften Zustand fixiert und weniger durchblutet wird. Bei Schmerzen mit Bewegungseinschränkung müssen jedoch erst die akuten Beschwerden behandelt werden. Der Patient ist in dieser Phase nicht wirklich in der Lage, sich zu bewegen. Hier sollte der Patient eine möglichst schmerzfreie beziehungsweise eine schmerzarme Position einnehmen. Nach einigen Tagen und Wochen müssen sich die Beschwerden deutlich verbessert haben. In einer Skala sollte der Schmerz dann zu drei Viertel weg sein. Ist das nicht der Fall, kann bei einem klaren Befund vielleicht nur eine Operation der letzte Ausweg sein.

Bei hartnäckigen Rückenschmerzen ist es auf jeden Fall ratsam, sich möglichst rasch Hilfe bei einem Physiotherapeuten zu suchen. Aufgrund seiner Ausbildung kann er nach einer Funktionsanalyse ein maßgeschneidertes Aufbautraining entwickeln, das ein muskuläres Gleichgewicht wiederherstellen kann und dadurch Verspannungsschmerzen reduziert beziehungsweise beseitigt.

Rückenfreundlich schlafen

Die ideale MATRATZE ist weder zu weich noch zu hart. Denn entgegen der weitverbreiteten Annahme sind HARTE MATRATZEN NICHT GUT für den Rücken: Er verspannt sich und die Beschwerden werden schlimmer.

Lassen Sie sich beim KAUF EINER MATRATZE immer gut beraten. Einige Geschäfte bieten die Möglichkeit an, die Matratze zu Hause zu testen. Ebenfalls wichtig: Ein federnder LATTENROST. Nach rund zehn Jahren sind Matratzen durchgelegen und müssen erneuert werden.

Unterscheidet sich das GEWICHT DER PARTNER stark, sollten Sie sich bei einem DOPPELBETT für zwei einzelne Matratzen und Lattenroste entscheiden.

RÜCKENSCHLÄFER sollten sich ein Kissen unter die Knie legen. Das verhindert ein Hohlkreuz und entlastet die Lendenwirbelsäule. Auf dem Bauch schlafen verstärkt das HOHLKREUZ und ist für den Rücken deshalb nicht gesund. Wer lieber auf der Seite schläft kann sich ein Kissen zwischen die Beine legen. So lässt sich ein BECKENSCHIEFSTAND verhindern. Ein kleines Kissen unter der Taille stützt die Wirbelsäule zusätzlich.

Dicke, weiche KISSEN lassen den Nacken nach oben hin abknicken. Für die Muskulatur ist diese Haltung alles andere als entspannend. Besser sind NACKENKISSEN: Sie unterstützen die gerade Haltung des Kopfes, egal ob auf dem Rücken oder auf der Seite liegend. Das führt zu einer entlastenden Linienführung der gesamten Wirbelsäule.

 

Interview

Das ewige Kreuz mit dem Kreuz

Ute Merz, Physiotherapeutin und Pressesprecherin des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) e. V. beantwortet dem SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN Fragen rund um das leidige Kreuz mit dem Kreuz.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Warum haben so viele Menschen Rückenschmerzen?

© Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK)

Ute Merz: Eine der Hauptursachen ist zunehmender Bewegungsmangel. Hinzu kommen einseitige Belastungen am Arbeitsplatz und eine fehlende Balance zwischen langanhaltender sitzender Tätigkeit und rückenbeanspruchender Freizeitbeschäftigung. Selten ist eine Ursache allein für die Schmerzen verantwortlich. Rückenschmerzen können beispielsweise auch durch Stress, Entzündungsreaktionen an Sehnen- und Muskelgewebe durch Fehlbelastung, Gewebeablagerungen sowie falsche Ernährung oder aber auch durch Tragen von zu enger Kleidung und ungünstigem Schuhwerk begünstigt werden.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Wie kann man Rückenschmerzen vermeiden?

Ute Merz: Bewegung ist die beste Vorbeugung! Wer sich ein- bis zweimal in der Woche sportlich betätigt, stärkt seine Rückenmuskulatur und bietet dem Schmerz deutlich weniger Angriffspunkte. Im Grunde eignet sich dafür jede Sportart, denn die Rückenmuskulatur ist bei fast jeder Bewegung des Körpers beteiligt und wird somit trainiert. Besonders empfehlenswert sind zum Beispiel Schwimmen, Nordic Walking oder gezielte Rückenübungen, welche auch ganz einfach in den Alltag einzubauen sind. Sportliche Höchstleistung oder ein Sieben-Tage-Programm im Fitnessstudio sind also gar nicht nötig, um den Rücken schmerzfrei zu halten.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Welche Tipps gibt es für Menschen, die viel sitzen müssen?

Ute Merz: Wer viel am Schreibtisch sitzt, sollte den Rücken unbedingt gezielt stärken und damit einen Ausgleich zur bewegungsarmen, sitzenden Arbeitshaltung schaffen. Um die richtige Sitzposition einzunehmen, kann zusätzlich ein ergonomisch angepasster Bürostuhl oder ein spezielles Keilkissen helfen. Wer lange sitzt, sollte grundsätzlich darauf achten, zwischendurch die Körperhaltung zu wechseln und ab und an aufzustehen. So lässt sich auch mal im Stehen telefonieren oder zur Besprechung in den nächsten Stock Treppen steigen, anstatt mit dem Aufzug zu fahren. Es lässt sich im Alltag ganz einfach etwas für seine Gesundheit tun. Bereits kleine Verhaltensänderungen in Beruf und Freizeit tragen dazu bei, Fehlhaltungen und die daraus resultierenden Folgen zu vermeiden.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Welche Therapien helfen, wenn Schmerzen erst einmal da sind?

Ute Merz: Hat sich der Schmerz rund um die Wirbelsäule festgesetzt, ist es wichtig, einen Experten aufzusuchen. Wir Physiotherapeuten empfehlen, so früh wie möglich etwas gegen die Schmerzen zu tun. Nur dann wird das Rückenleiden nicht chronisch. Wichtig ist: Bleiben
Sie aktiv! Viele Schmerzgeplagte haben Angst vor Bewegung. Und genau das ist falsch. Denn: Eine ungesunde Schonhaltung kann die Schmerzen verstärken, da sie die Rückenmuskulatur schwächt, was schließlich zu noch mehr Schmerzen führen kann. Bei starken Muskelverspannungen kann ein Physiotherapeut dabei helfen, den Rücken zu entlasten. Eine dosierte und auf die individuellen Defizite ausgerichtete Bewegungstherapie unter Anleitung eines Physiotherapeuten fördert gezielt und individuell den Leistungsaufbau der Muskulatur sowie den Abbau von Verspannungsschmerzen. Die Funktion von Muskeln, Sehnen und Gelenken wird wiederhergestellt und bleibt in vollem Umfang erhalten. So können Schmerzen verschwinden und auch zukünftig vermieden werden.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Welche SOS-Tipps haben Sie?

Ute Merz: Bei starken Muskelverspannungen hilft eine Wärmebehandlung. Wärme fördert die Durchblutung, steigert den Stoffwechsel und entspannt die Muskulatur, was den Schmerz lindern kann. Eine Schmerztablette kann helfen, wieder in Bewegung zu kommen, um Schonhaltungen zu vermeiden, denn Schonung oder Bettruhe sind eher kontraproduktiv!

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Herzlichen Dank für das Gespräch!

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