Genießen ist gesund!

Wie traditionelles Kochwissen zum Wohlbefinden beiträgt

 

Gunter Frank ist seit 20 Jahren Allgemeinmediziner mit eigener Praxis in Heidelberg und erfolgreicher Buchautor. Gemeinsam mit der Sterneköchin Léa Linster und dem Professor für pharmazeutische Biologie, Michael Wink, ist er der wohltuenden Wirkung von Großmutters Rezepten auf den Grund gegangen.

Autorin: Carolin Oberheide

SAM: Herr Frank, was ist eigentlich gesunde Ernährung?

Gunter Frank: Bei dem Begriff denken wir heute ja leider eher an Verzicht als an Geschmack. Ich spreche lieber von einer guten Küche. Im Grunde ist es ganz einfach: Wenn Ihnen etwas gut bekommt, egal, wie ungesund es sein soll, und das Wohlgefühl auch nach Stunden noch anhält, vertrauen Sie Ihrem Körper!

© Gunter Frank

SAM: DIE gesunde Ernährung, die für jeden passt, gibt es also gar nicht?

Gunter Frank: Jeder Körper, jedes Verdauungssystem ist anders. Statt Studien und immer neuen Ernährungsdogmen zu vertrauen, sollten wir die Erkenntnisse der Biologie hinsichtlich einer fachgerechten Zubereitung wieder stärker in den Fokus rücken. Dies betrifft vor allem Pflanzen, die natürliche Abwehrstoffe enthalten, weil sie nicht von uns gegessen werden wollen und deren Genuss Unverträglichkeiten ervorruft. Ein Beispiel ist die vermeintliche Glutenunverträglichkeit, die oft in der Zubereitungsart unserer Brote begründet liegt. Bei einem traditionell gebackenen Weizenbrot werden die Zutaten in mehreren Arbeitsschritten zum Teig verarbeitet, wodurch das Gluten inaktiviert wird und die Darmwände nicht mehr schädigt. Die meisten Bäcker verwenden heute leider Backmischungen, und auch in vielen vegetarischen oder veganen Produkten ist Gluten verarbeitet.

SAM: Das heißt, möglichst Hände weg von verarbeiteten Lebensmitteln?

Gunter Frank: Wir sollten schon wissen, was wir essen und wie es am bekömmlichsten zubereitet wird. Das betrifft nicht nur Fertigprodukte, sondern auch Gemüse. Was aus der Natur kommt, ist nicht grundsätzlich gut, nicht jede Schale ist gesund, nicht jedes Obst und Gemüse ist als Rohkost genießbar. Die traditionellen Rezepturen einer Region sind die Quintessenzen aus Verfügbarkeit der Zutaten sowie den dazu passenden Zubereitungsarten, um möglichst viele Menschen auf ungefährliche Weise satt und zufrieden zu machen. Wer sich aber keine Gedanken macht, warum unsere Vorfahren es so und nicht anders gemacht haben, der serviert Lebensmittel oder Gerichte, die oft nicht zu unseren Verdauungsmöglichkeiten passen.

SAM: Omas Rezepte sind also das eigentliche Superfood?

Gunter Frank: Viele ältere Menschen sind verunsichert, was sie noch für ihre vegetarisch, vegan, kohlenhydrat- oder zuckerfrei lebenden Kinder oder Enkel kochen können, die hinter jedem Lebensmittel eine Klimasünde vermuten. Selbst die ganz Kleinen bekommen im Kindergarten schon mit, dass Essen oft mit schlechtem Gewissen verbunden ist. Ich rate meinen älteren Patienten immer, die Bedenken der Kinder und Kindeskinder souverän wegzulächeln, weiterhin ihre traditionellen Rezepte zu kochen und dem Moralismus eine Pause zu gönnen. Wer übrigens die Möglichkeit hat, Kinder an das Kochen heranzuführen, sollte das tun. Es ist wichtig, dass die Kleinen lernen, einen Geschmack mit einem bestimmten Lebensmittel zu verbinden, und sehen, wie ein Gericht entsteht. Wenn der Geschmackssinn die Gelegenheit hat, sich auszuprägen, ist es auch nicht so schlimm, wenn Kinder sich vorzugsweise einseitig ernähren. Die Neugierde entwickelt sich dann meist von alleine.

SAM: Herzlichen Dank für das Gespräch!

© EMS RUHR GmbH

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