Beantragen von

(Pflege-)Hilfsmitteln

Geht das ausschließlich mit ärztlicher Verordnung oder gibt es Ausnahmen?

 

Gastkolumne von Karin Glund, Juristin und Vertragsmanagerin bei der Sanitätshaus Aktuell AG

© Sanitätshaus Aktuell AG

Die Grundlage für eine Versorgung durch die Krankenkasse ist regelmäßig ein Rezept. Der erste Weg führt daher zur Ärztin oder zum Arzt! Diese bzw. dieser entscheidet aufgrund der Indikation über die Therapie und verordnet in diesem Rahmen bei Bedarf auch Hilfsmittel. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings zwei Ausnahmen:

1. Empfehlung eines (Pflege-)Hilfsmittels durch eine qualifizierte Pflegefachkraft

Nach § 40 Abs. 6 SGB XI können qualifizierte Pflegefachkräfte konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben, damit Pflegebedürftige schnell mit den für sie notwendigen (Pflege-)Hilfsmitteln versorgt werden können. Die Empfehlungskompetenz bezieht sich ausschließlich auf (Pflege-)Hilfsmittel, die

  • zur Erleichterung der Pflege der oder des Pflegebedürftigen beitragen oder
  • zur Linderung ihrer bzw. seiner Beschwerden dienen oder
  • der oder dem Pflegebedürftigen seine selbstständigere Lebensführung ermöglichen.

Durch die Empfehlung wird die Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der (Pflege-)Hilfsmittelversorgung vermutet, sodass bei Erfüllen der rechtlichen Voraussetzungen die ärztliche Verordnung durch die Empfehlung ersetzt wird und damit eine ärztliche Verordnung nicht mehr zusätzlich notwendig ist.

Weitere Einzelheiten werden in der Richtlinie zur Empfehlung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln durch Pflegefachkräfte (§ 40 Abs. 6 S. 6 SGB XI) geregelt, die seit dem 01.01.2022 in Kraft getreten ist.

Die Empfehlungskompetenz der Pflegefachkräfte gilt nur für die häusliche Pflege und nicht für die stationäre Pflege z. B. in Alten- und Pflegeheimen. Außerdem bezieht sich die Empfehlungskompetenz auf ausschließlich in Anhang II der Richtlinie aufgeführte Produkte. Die Richtlinie inklusive des Anhangs kann kostenlos beim GKV-Spitzenverband (www.gkv-spitzenverband.de) heruntergeladen werden.

Was bedeutet das für Sie konkret?

Sollte die Pflegefachkraft bei Ihnen einen Bedarf für bestimmte (Pflege-)Hilfsmittel feststellen, kann sie einen entsprechenden Antrag ausfüllen und Ihnen übergeben. Sie haben dann die Möglichkeit, den Antrag an den von Ihnen gewählten Leistungserbringer weiterzuleiten, damit dieser bei Ihrer Kranken- bzw. Pflegekasse die Versorgung mit dem empfohlenen (Pflege-)Hilfsmittel beantragen und alle weiteren Schritte abklären und in die Wege leiten kann.

2. Empfehlung eines Pflegehilfsmittels im Rahmen eines MD-Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit

Bereits seit 01.01.2017 haben der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter nach § 18 Abs. 6a SGB XI in ihrem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abzugeben. Die Empfehlungen gelten bei Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die ebenfalls

  • zur Erleichterung der Pflege der oder des Pflegebedürftigen beitragen oder
  • zur Linderung ihrer bzw. seiner Beschwerden dienen oder
  • der oder dem Pflegebedürftigen seine selbstständigere Lebensführung ermöglichen,

als Antrag auf Leistungsgewährung, sofern die oder der Versicherte zustimmt. Die Zustimmung erfolgt gegenüber der Gutachterin oder dem Gutachter im Rahmen der Begutachtung und wird im Begutachtungsformular schriftlich oder elektronisch dokumentiert. Bezüglich der empfohlenen Pflegehilfsmittel wird die Notwendigkeit und die Erforderlichkeit vermutet; insofern bedarf es auch hier keiner ärztlichen Verordnung.

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