Fit und aktiv mit Prothese

Prothesenversorgung

 

Mehr als 400.000 künstliche Hüft- und Kniegelenke werden jährlich in Deutschland eingesetzt. Diese Operationen gehören zu den häufigsten Eingriffen. Mit einer Prothese sportlich wieder aktiv zu sein, wünschen sich viele Betroffene. Das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN sprach darüber mit dem Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Jörg Löwe. Außerdem berichten Martina Ziep und Peter Herrchen, die beide neue Hüftgelenke bekamen, über ihre Erfahrungen.

Autorin: Silke Bromm-Krieger

Dr. Jörg Löwe (© Silke Bromm-Krieger)

Dr. Jörg Löwe ist stellvertretender leitender Arzt am Endo-ProthetikZentrum der Maximalversorgung am Lubinus Clinicum in Kiel. Tausende von endoprothetischen OPs hat der erfahrene Operateur schon durchgeführt. „Patienten aller Altersgruppen wünschen sich nach den Eingriffen Schmerzfreiheit und die Wiedererlangung ihrer uneingeschränkten Mobilität“, weiß der Experte. So auch Martina Ziep aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Gerade einmal vier Tage ist ihre OP her und schon läuft sie an Unterarmstützen den Klinikflur auf und ab. „Ich bekam eine Hüftendoprothese, Gelenkkopf und Gelenkpfanne wurden erneuert“, erzählt die Diplom-Landwirtin und Beraterin. Bereits im letzten Jahr erhielt sie links ein neues Hüftgelenk, nun folgte das rechte.

Lebensqualität ging verloren

„Meine Beweglichkeit hatte vorher schleichend immer mehr abgenommen. Ich hatte Schmerzen beim Gehen, beim Aufstehen und Hinsetzen und wurde insgesamt steifer. Meine Lebensqualität ging dadurch verloren“, blickt die 58-Jährige zurück. Vor ihren gesundheitlichen Beschwerden war sie sportlich äußerst aktiv. „Ich fuhr Fahrrad, joggte, schwamm und war begeistertes Mitglied in einem Tanzsportverein. Doch irgendwann ging nichts mehr.“ Schließlich diagnostizierte der Arzt eine angeborene Hüftfehlstellung mit starkem Gelenkverschleiß an beiden Hüften. Dringend riet er zur OP.

Martina Ziep (© Silke Bromm-Krieger)

Schon nach Einsetzen des ersten Implantats verbesserte sich die Mobilität von Martina Ziep. „Da war einfach wieder mehr Schwung im Karton“, bringt sie es auf den Punkt. Sie machte gelenkschonende Kraftübungen mit dem Theraband, Trampolinübungen, ging spazieren und entdeckte Yoga für sich. Nun, nach dem erfolgreichen zweiten Eingriff, will sie in absehbarer Zeit mit ihrem Lebensgefährten auch wieder das Tanzbein schwingen. „Aber nicht nur beim Langsamen Walzer“, sagt sie und lacht.

Damit Patienten nach einer OP schnell wieder auf die Beine kommen, beginnt in der Klinik bereits am ersten postoperativen Tag die Rehabilitation. Physiotherapie und medizinische Trainingstherapie stehen auf dem Plan, eine dreiwöchige stationäre Reha sowie eine ambulante Physiotherapie am Wohnort schließen sich an. Aber auch eine ambulante Nachbehandlung ohne stationären Aufenthalt ist durchaus möglich.

Training wirkt positiv

„Etwa drei bis sechs Monate nach der OP kann mit einem moderaten Sporttraining begonnen werden, wenn der Arzt sein Okay gibt“, informiert Löwe. Dass Sport nach einer Kunstgelenk-OP eine positive Wirkung auf die Gesundheit hat, belegen Studien. „Das soziale und psychische Wohlbefinden steigt, Koordinationsfähigkeit, Kraft und Knochenqualität verbessern sich, eine wirksame Sturzprophylaxe wird aufgebaut und Blutdruck sowie Blutzuckerwerte profitieren ebenfalls“, benennt der Mediziner die Vorzüge. Dabei eignen sich folgende Sportarten besonders gut: Schwimmen mit Kraulbeinschlag, Aquajogging, Radfahren, Nordic Walking, Tanzen, Skilanglauf und Gymnastik. Nur bedingt geeignet sind Inlineskating, Golf, Reiten, Jogging oder Tennis. „Doch es gibt Ausnahmen. Wenn jemand zum Beispiel vorher lange Tennis gespielt hat, kann er nach ärztlicher Rücksprache und individueller Abwägung der möglichen Gefahren durchaus weitermachen. Eventuell muss er einige Bewegungsabläufe optimieren. Neueinsteigern empfehle ich eine solche Sportart aber nicht“, gibt der Orthopäde zu bedenken. Von Sportarten mit direktem Körperkontakt, bei denen es zu unkontrollierten Bewegungen kommen kann, rät er ab. Nicht geeignet sind Kampf- und Ballsport, Geräteturnen, Eislaufen oder Leichtathletik. „Die Auskugelgefahr für das neue Gelenk wäre zu hoch“, stellt er klar.

Mobilität wiedererlangen

© Peter Herrchen

Eine regelmäßige sportliche Betätigung nach einer Prothesenoperation sollte mindestens dreimal wöchentlich für jeweils 30 Minuten erfolgen. Einen dauerhaften Gesundheitseffekt erzielt man am besten bei einem dreimaligen, jeweils 60-minütigen Training pro Woche. „Aber nicht gleich von 0 auf 100 trainieren, sondern den Muskelstatus langsam wieder aufbauen“, so Löwe.Ein Beispiel, das Mut macht, ist das von Peter Herrchen aus dem hessischen Wiesbaden. Seit seinem neunten Lebensjahr ist der 60-Jährige sportlich aktiv. In seiner Jugend gehörte er zu den 15 besten Tischtennisspielern Deutschlands. Mit zwei Hüftendoprothesen, die er 1997 und 2008 bekam, ist er im Triathlon-Sport erfolgreich und gewann schon etliche Laufwettbewerbe. Auch spielt er Tennis und betreibt Winter-Skilanglauf. „Ich lebe prächtig und sportlich aktiv mit meinen Kunstgelenken“, freut sich der IT-Berater. In einem Blog gibt er Tipps an andere Betroffene weiter. Außerdem veröffentlichte er mit einer Co-Autorin aus Patientensicht den Ratgeber „Mut zur neuen Hüfte!“ Dr. Jörg Löwe möchte alle Betroffenen ermutigen, sich durch eine Prothese nicht von Sport und Bewegung abhalten zu lassen. „Jeder kann seine Sportart finden, die optimal zu ihm passt“, ist er überzeugt.

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