Sport mit Rollstuhl
Wenn das Hilfsmittel zum Sportgerät wird
Autorin: Nicole Giese
Basketball, Fechten, Hockey oder Tennis – egal, welcher Sport, die passende Ausstattung spielt immer eine wichtige Rolle. Für Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, gehört dieser zum Equipment dazu.
Steffen Nordmann fährt gleich zwei auf ihn angepasste Spezialrollstühle. Der 37-jährige Berliner spielt nicht nur für seinen Verein Alba Berlin Rollstuhlbasketball in der Bundesliga. Seine zweite Leidenschaft ist das Rollstuhlfechten. Den passenden Arbeitgeber hat Nordmann ebenfalls: Der Berliner Standort des Sanitätshauses Rehaform, eines inhabergeführten Familienunternehmens, ist Spezialist für die sportlichen Spezialrollstühle.
Fußgängerinnen und Fußgänger und Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer kämpfen zusammen
„Seit es die Firma gibt, bieten wir auch Aktivrollstühle an“, erklärt Erik Herschel, Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung. Ein Thema, das nicht von ungefähr kommt. Der Gründer des Unternehmens spielte selbst lange Zeit Rollstuhlbasketball. „Das ist klassischer Inklusionssport“, sagt Herschel. Fußgängerinnen und Fußgänger und Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer kämpfen zusammen um Ball und Korb.
Dreimal in der Woche trainiert Steffen Nordmann, der wegen einer spastischen Diplegie (beinbetonte spastische Bewegungseinschränkung) auf den Rollstuhl angewiesen ist, für seine Einsätze. Während der Ausbildung in Stralsund kam er mit dem Rollstuhlsport in Berührung. „Kollegen haben mich mitgenommen und ich war von Anfang an fasziniert“, erinnert sich der 37-Jährige. „Ich fand es spannend zu sehen, was man mit dem Rollstuhl alles machen kann.“
Es wird geklärt, wie der gewünschte Rollstuhl ausgestattet sein soll
Auf dem Weg zum eigenen Sportgerät steht anfangs das Ausprobieren. Wer einen Rollstuhlsport ausüben möchte, wird vom Rehaform-Team an die passenden Vereine verwiesen. Dort stehen den angehenden Sportlerinnen und Sportlern meist Test-Rollstühle zur Verfügung. „So kann man gucken, in welche Richtung es geht und wie die Bedürfnisse sind“, sagt Erik Herschel. Wer anschließend bei seiner Sportart bleiben möchte, komme dann mit ziemlich klaren Vorstellungen zurück ins Sanitätshaus.
Gemeinsam mit der Sportlerin oder dem Sportler klären die Expertinnen und Experten, wie der gewünschte Rollstuhl ausgestattet sein soll. Jeder Stuhl wird auf Maß gefertigt und berücksichtigt zum Beispiel Körpergröße und Gewicht der Nutzerin oder des Nutzers. Wie hoch soll der Rücken sein? Wo stehen die Füße? Welche Größe sollen die Räder haben? Das sind nur einige Fragen und Komponenten, die im Vorfeld besprochen werden. Die Rehaform-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter bringen dabei ihr jahrelanges Fachwissen ein. Denn sie müssen sich auch an bestimmte Vorschriften und Kriterien der jeweiligen Sportart halten.
Die Anforderungen an den Stuhl sind von Sportart zu Sportart unterschiedlich
„Beim Rollstuhlbasketball muss sich der Sportler weit aus dem Stuhl lehnen können, um den Ball zu fangen und abzuwerfen“, schildert Erik Herschel. Die Stühle haben meist zwei große Antriebsräder und je zwei kleine Lenkrollen vorne und hinten, dadurch ist eine gute Gewichtsverlagerung möglich. „Die Stühle können so gut wie nicht umkippen“, betont Erik Herschel.
Das kennt auch Steffen Nordmann aus eigener Erfahrung. Ihn fasziniert an dieser Sportart die geforderte Koordination. „Ich muss bei hoher Geschwindigkeit meinen Rollstuhl händeln, den Ball unter Kontrolle behalten – und gleichzeitig als Team funktionieren.“ Das treibt ihn auch nach 20 Jahren noch übers Feld. Im Gegensatz dazu steht für ihn das Fechten. „Fechten ist eine Einzelsportart. Für den Erfolg oder Misserfolg bin ich allein verantwortlich. Das finde ich reizvoll“, sagt Steffen Nordmann.
Es passiert viel über den Kopf
Vor zehn Jahren kam er durch Zufall zu seinem Zweitsport. Weil die Rollstühle der Athleten in einem 110-Grad-Winkel zur Mittellinie am Boden befestigt werden, ist das paralympische Fechten ein statischer Sport. Die sitzenden Athletinnen und Athleten können lediglich durch Bewegungen des Oberkörpers eigene Attacken einleiten und den Attacken ihrer Gegnerinnen und Gegner ausweichen. Hier passiert viel über den Kopf. „Die mentale Herausforderung ist ungleich größer“, sagt Nordmann. Umso wichtiger, wenn sich die Sportlerinnen und Sportler blind auf ihr Sportgerät verlassen können. Im Sanitätshaus Rehaform legen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deshalb besonders viel Wert auf die individuelle Beratung. Schließlich kostet ein Aktivrollstuhl als Profimodell leicht mehrere tausend Euro. Kosten, die in den allermeisten Fällen nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Da soll jedes Detail stimmen – zumal die Stühle im Alltag nicht verwendbar sind. „Beispielsweise würde eine Federung dem Fahrer zu viel Energie rauben“, sagt Herschel. Deshalb folgt auf der Bestellung eine Sitzprobe im Rohzustand. Hier können letzte Details geändert werden, bevor es an den Feinschliff geht. „Meist ist die Zufriedenheit bei der Sitzprobe schon sehr hoch“, betont Erik Herschel.
Das Herz-Kreislauf-System trainieren, die persönliche Bewegungsfreiheit erhalten, Stress abbauen, sich selbst als aktiv erleben und an Herausforderungen wachsen – Argumente für den Sport, die Steffen Nordmann aus eigener Erfahrung unterstreichen kann.
Rehaform wurde 1999 in Stralsund gegründet. Die Firma hat heute 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 16 Niederlassungen deutschlandweit. Mehr über das Sanitätshaus mit dem Lächeln erfahren Sie hier: