Herz ist Trumpf

Ursachen, Symptome und Behandlung von Herzschwäche

 

In Deutschland leiden rund drei Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt. Typische Symptome, die dabei auftreten, sind Atemnot, geschwollene Beine, geringere Leistungsfähigkeit und Antriebslosigkeit. Im weiteren Verlauf kann die Erkrankung sogar das Leben bedrohen. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems gehören sowohl in Deutschland als auch weltweit zu den häufigsten Krankheits- und Todesursachen. Die Ursachen sind vielfältig. Wichtig ist in jedem Fall eine frühzeitige, differenzierte Diagnostik und eine auf den Patienten zugeschnittene, passgenaue Therapie.

Autor: Christian Sujata

Ein gesundes Herz schlägt 100.000 Mal am Tag. Ist das Herz in seiner Funktion beeinträchtigt, sind Betroffene oft stark eingeschränkt. Teilweise besteht Lebensgefahr. Deutliche Anzeichen für eine Herzschwäche oder Herzinsuffizienz sind Ermüdungserscheinungen, Atemnot sowohl bei Belastung als auch in Ruhephasen, verminderte Leistungsfähigkeit, Wassereinlagerungen, Schlafen in aufrechter Haltung oder vermehrtes Wasserlassen in der Nacht. Mögliche Ursachen einer Herzschwäche sind Bluthochdruck, ein Herzinfarkt, Herzklappenerkrankungen, Herzmuskelentzündungen, angeborene Herzfehler, eine Überfunktion der Schilddrüse, Herzrhythmusstörungen oder Alkoholmissbrauch. Damit daraus nicht erhebliche Herzprobleme entstehen, die schlimmstenfalls sogar zum plötzlichen Herztod führen, ist ein frühes Erkennen der Erkrankung und deren Ursache wichtig. Der Erste, der die Erkrankung erkennt ist, in der Regel der Hausarzt. Dieser schickt seinen Patienten anschließend zur weiteren Abklärung zum Facharzt. Mit genau solch einem Experten hat sich das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN über den weiteren Ablauf unterhalten:

Interview

„Das Herz ist der Motor unseres Lebens“

Professor Dr. Andreas Mügge ist Kardiologe, Direktor der Abteilung Kardiologie und Angiologie an den BG Kliniken Bergmannsheil in Bochum, Direktor der medizinischen Klinik II am St. Josef-Hospital in Bochum, Hochschuldozent und Autor bzw. Herausgeber mehrerer Fachbücher sowie hunderter wissenschaftlicher Arbeiten.

SAM: Professor Dr. Mügge, was hat Sie motiviert, Kardiologe zu werden?

© Professor Dr. Andreas Mügge

Prof. Dr. Andreas Mügge: Ich habe meine Dissertation im Bereich der Kardiologie durchgeführt. Mich hat die Abteilung fasziniert und der Gedanke gereizt, mich zukünftig mit der Erkrankung des Herzens sowie des Herz-Kreislaufes auseinanderzusetzen. Daraus entwuchs meine Motivation, in dem Gebiet zu bleiben.

SAM: Wie würden Sie einem Laien Herzschwäche erklären?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Das Herz ist der Motor unseres Lebens und besteht genau wie dieser aus vielen einzelnen Komponenten. Wenn nur eines dieser Teile nicht funktioniert, stimmt die Gesamtleistung nicht mehr. Ist zum Beispiel die Kraftstoffleitung verstopft, fängt der Motor an zu stottern. Dieses Problem ist relativ leicht zu beheben, indem man die Leitung wieder freibekommt. Im Herzen heißen diese Leitungen Herzkranzgefäße. Etwas aufwendiger ist es allerdings, wenn eines der Ventile im Auto nicht mehr funktioniert und einer der Zylinder undicht ist. Übertragen auf das Herz also, wenn eine der Herzklappen nicht mehr funktioniert. In diesem Fall muss die nicht mehr funktionierende Komponente ausgetauscht werden, damit der Fehler behoben wird. Schlimmer wird es, wenn der Motor bzw. der Herzmuskel einen multiplen Schaden aufweist, der sich durch den Austausch einzelner Elemente nicht beheben lässt. Bei einem sehr jungen Patienten würde man in diesem Fall ein neues Herz transplantieren. Bei einem alten Patienten steht diese Option nicht zur Verfügung und es bleibt nur die Möglichkeit, die Beschwerden medikamentös zu lindern.

SAM: Wie viele Herzpatienten behandeln Sie in Ihrer Klinik pro Jahr?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Wir haben die Kapazität, etwa 3.000 Herzpatienten pro Jahr stationär zu behandeln.

SAM: Insgesamt sollen rund zweieinhalb Millionen Menschen in Deutschland an einer Herzschwäche leiden. Woran erkennt man, ob man eine Herzschwäche hat?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Eine Herzschwäche äußert sich in charakteristischen Beschwerden. Warnhinweise dafür sind Leistungsschwäche, Atemnot unter Belastung oder in Ruhesituationen und zunehmende Schwellneigung sowie Wassereinlagerungen.

SAM: Wie entsteht eine Herzschwäche?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Das Herz ist ein Organ, das automatisch pumpt, in der Regel rund fünf Liter Blut pro Minute in Ruhebedingung. Damit das Herz dieser Leistung nachkommen kann, sind verschiedene Komponenten notwendig: Das Herz hat einen Muskel, damit überhaupt die notwendige Kraft generiert werden kann. Es hat Ventile, die sogenannten Herzklappen, damit das Blut nur in eine Richtung und nicht beliebig im Herzen fließen kann. Und es hat ein Reizleitungssystem, sodass das Herz autonom schlagen kann, ohne dass wir ständig daran denken müssen. Wenn eine oder mehrere dieser Komponenten nicht mehr funktionieren,
kommt es zu einer Pumpschwäche des Herzens. Ursachen für eine verminderte Herzleistung können beispielsweise ein Herzinfarkt, eine Herzmuskelentzündung oder eine defekte Herzklappe sein. Ebenso wie ein zu hoher Blutdruck, Alkoholoder Drogenmissbrauch. Es gibt aber auch erblich bedingte Herzmuskelerkrankungen.

SAM: Ihre Patienten werden vermutlich nach einer Diagnose zumeist vom Hausarzt zur weiteren Abklärung zu Ihnen geschickt. Wie geht es dann für den Patienten weiter?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Unsere Aufgabe ist es, als Erstes zu klären, ob wirklich eine Herzschwäche die Ursache für die Beschwerden ist oder ob es nicht eine alternative Erklärung dafür gibt. Einige Lungenerkrankungen können beispielsweise ein ähnliches Beschwerdebild aufrufen. Um dies herauszufinden, hat sich für den Hausarzt als praktische Methode eine leicht durchführbare Hormonbestimmung im Blut bewährt. Das zu bestimmende Hormon BNP (Brain Natriuretic Peptide) wird vom Herzen selbst hergestellt, allerdings kaum von einem gesunden. Wenn dieses Hormon also erhöht ist, wissen wir, hier handelt es sich um einen Herzpatienten. Die weitere Frage, die wir uns dann stellen, ist, welche Komponente des Herzens ist es, die ursächlich an diesem Problem beteiligt ist. Dazu führen wir spezielle Herzuntersuchungen durch, wie zum Beispiel die Echokardiografie, also eine Ultraschalluntersuchung des Herzens, und eine Herzkatheteruntersuchung sowie ein EKG. In den meisten Fällen haben wir damit bereits die Ursache herausgefunden.

SAM: Spielen Ultraschalluntersuchungen eine wichtige Rolle?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Absolut! Die Ultraschalluntersuchung des Herzens existiert schon nahezu 50 Jahre und hat sich mithilfe der Computertechnik natürlich dramatisch verbessert. Das Gute an dieser Untersuchung ist, dass sie das Herz nicht schädigt und man beliebig viele Untersuchungen durchführen kann. Außerdem ist diese Technik weit verbreitet, ohne lange Wartezeiten.

SAM: Was passiert, wenn diese Untersuchungen nicht ausreichen?

Prof. Dr. Andreas Mügge: In manchen Fällen sind weitergehende Untersuchungen notwendig. Da gibt es ein sehr breites Spektrum vom Computertomogramm über die Kernspintomografie des Herzens bis hin zur Katheteruntersuchung. Spätestens dann wissen wir, ob beispielsweise eine Herzklappenerkrankung, eine Herzmuskelerkrankung oder eine Erkrankung des Herzreizleitungssystems vorliegt. Dann geht es um die Frage, kann ich diese Ursache im Idealfall reparieren? Wenn zum Beispiel eine der vier Herzklappen zu eng ist, versuchen wir, diese zu korrigieren. Ein Teil der Ursachen lässt sich im Katheterlabor reparieren, andere wiederum müssen chirurgisch korrigiert werden. Zu den medizinischen Maßnahmen gehören die kardiale Resynchronisationstherapie, das Einsetzen eines Herzschrittmachers, die Implantation eines Herzschrittmachers oder Mini-Defibrillators, die Verwendung eines Kunstherzens und eine Herztransplantation.

SAM: Ist bei Herzschwächepatienten eine dauerhafte Heilung möglich?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Das kommt auf die Ursache der Krankheit an. Ist beispielsweise eine defekte Herzklappe der Auslöser für die Funktionsminderung, dann kann eine Klappenreparatur oder ein Ersatz eine dauerhafte Verbesserung des Zustands bringen. Bei anderen Erkrankungen, die mit einer dauerhaften Schädigung des Herzmuskels einhergehen, zielt die Therapie darauf ab, den Krankheitsverlauf zu kontrollieren und die Symptome zu lindern.

SAM: Wie sieht das bei den nicht heilbaren Fällen aus?

Prof. Dr. Andreas Mügge: Hier ist ein gemeinsames Vorgehen zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Kliniken vonnöten, um den Patienten optimal und kontinuierlich zu begleiten. Mit den heutigen Behandlungsmöglichkeiten – ob mit Medikamenten, Schrittmachern oder interventionellen beziehungsweise chirurgischen Methoden – lassen sich sehr gute Ergebnisse erzielen, die für den betroffenen Patienten einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten können.

SAM: Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

PRÄVENTION FÜR EIN GESUNDES HERZ

VERZICHTEN SIE AUFS RAUCHEN • Das Rauchen einzustellen, ist die eindeutige Empfehlung aller Expertinnen und Experten. Die im Tabakrauch enthaltenen Substanzen schädigen die Gefäße unmittelbar. Bei Patienten mit Gefäßerkrankungen ist der Verzicht auf Nikotin die wichtigste vorbeugende Einzelmaßnahme.

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BEWEGEN SIE SICH • Allgemein empfohlen wird, sich an vier bis fünf Tagen mindestens 30 bis 60 Minuten körperlich zu betätigen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. Günstig für das Herz und das Herz-Kreislauf-System sind vor allem Ausdaueraktivitäten, etwa strammes Gehen, Radfahren, Joggen oder Schwimmen. Weniger geeignet sind Krafttraining und Bewegungstherapien mit langsamen Dehnungen wie Tai-Chi oder Yoga. Letztere sind jedoch gut zur Entspannung. Aber auch kürzere Trainingseinheiten können einen günstigen Effekt haben: Wie eine unlängst im britischen Fachjournal „Lancet“ veröffentlichte Studie zeigte, lässt bereits ein körperliches Training von 15 Minuten pro Tag das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um 20 Prozent sinken. Statistisch betrachtet, heißt es in der Studie, verlängern die Menschen, die sich täglich 15 Minuten lang intensiv bewegen, ihr Leben um mindestens drei Jahre.

ERNÄHREN SIE SICH AUSGEWOGEN UND GESUND • Ernährungswissenschaftler raten zur sogenannten Mittelmeerküche mit viel Gemüse, Salat, Obst, wenig Fleisch, eher Fisch, Oliven- und Rapsöl, Kräutern und Gewürzen. Häufige Ernährungsfehler sind: zu viel Kochsalz, zu viel tierisches Fett, zu viele Kohlenhydrate, zu wenig Ballaststoffe.

VERMEIDEN SIE STRESS • Durch Überforderung, aufgestauten Ärger oder mangelnde Entspannungsmöglichkeiten erhöht sich dauerhaft die Konzentration der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin im Blut. Das kann die Blutgefäße langfristig schädigen und Herzinfarkte begünstigen, Dauerstress macht krank, lässt den Blutdruck steigen und führt zu Erschöpfung. Wichtig ist der Wechsel von Anspannung und Entspannung. Körperliche Ausdaueraktivitäten und Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Yoga können helfen.

VERMEIDEN SIE ÜBERGEWICHT • Beim Körpergewicht sollte ein Body-Mass-Index (BMI) von 20 bis 25 angestrebt werden. Der BMI errechnet sich wie folgt: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern. Beispiel 60 kg: 60 kg geteilt durch (1,68 m x 1,68 m) = BMI 21. Auch der Taillenumfang ist wichtig: Bei Frauen sollte die Taille weniger als 88, bei Männern weniger als 102 Zentimeter messen.

KONTROLLIEREN SIE IHREN BLUTDRUCK • Der Blutdruck sollte in Ruhe unter 140/90 mm Hg betragen. Bei Menschen über 80 Jahren sollte der Wert von 150/90 mm Hg nicht überschritten sein. Als Faustregel bei hohem Blutdruck gilt: Ein Kilogramm Körpergewicht weniger senkt den systolischen Blutdruck um ungefähr 2 mm Hg und den diastolischen Blutdruck um ungefähr 1 mm Hg. Vorteilhaft ist es bei hohem Blutdruck auch, sich regelmäßig zu bewegen, beispielsweise eine Stunde täglich spazieren zu gehen, nur wenig Alkohol zu trinken und sich salzreduziert zu ernähren.

CHOLESTERINWERTE UND BLUTZUCKER BESTIMMEN LASSEN • Das Gesamtcholesterin sollte unter 190 mg/dl (4,9 mmol/l) betragen. LDL-Cholesterin: um 115 mg/dl (3 mmol/l). HDL-Cholesterin: Frauen über 45 mg/dl (1,2 mmol/l); Männer über 40 mg/dl (1 mmol/l). Triglyzeride: nüchtern um 150 mg/dl. Der Blutzucker sollte nüchtern unter 100mg/dl liegen.

Quelle: „Herz in Gefahr? – Ursachen, Prävention, Therapie – Ergebnisse der Herz-Kreislauf-Forschung“, Broschüre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die komplette Broschüre lesen Sie hier.

 

HERZSCHWÄCHE-TEST

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Auf der Website der Deutschen Herzstiftung gibt es einen Online-Test mit acht kurzen Fragen, mit dem Sie ermitteln können, ob Sie möglicherweise selbst an einer Herzinsuffizienz leiden und ein Gang zum Arzt anzuraten ist: www.herzstiftung.de/Herzschwaechetest.html

 

DIE VIER STADIEN DER HERZSCHWÄCHE

  • STADIUM I: Herzschwäche, bei der körperliche Alltagsbelastungen keine unangemessene Erschöpfung, Atemnot oder Rhythmusstörungen verursachen.
  • © iStock.com/Lars Neumann

    STADIUM II: Alltägliche körperliche Belastungen wie zum Beispiel Treppensteigen führen über das normale
    Maß hinaus zu Erschöpfung, Atemnot oder Herzrhythmusstörungen.

  • STADIUM III: Bereits geringe körperliche Belastungen verursachen Erschöpfung, Rhythmusstörungen
    oder Atemnot. Keine Beschwerden in Ruhe.
  • STADIUM IV: Herzinsuffizienz mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und auch in Ruhe,
    dazu Bettlägerigkeit.

Quelle: Deutsche Herzstiftung

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