SOS im Gehirn
Gute Behandlung, Therapie und Versorgung bei einem Schlaganfall – auch zu Hause!
Autor: Christian Sujata
Ein Schlaganfall ist immer ein medizinischer Notfall, der umgehend behandelt werden muss.
In den meisten Fällen handelt es sich um einen sogenannten Hirninfarkt, bei dem ein verstopftes Blutgefäß zu einer Mangeldurchblutung des Gehirns führt. Man spricht hier von einem ischämischen Infarkt. Ursache ist eine Gefäßverkalkung oder ein Blutgerinnsel. „Eine andere Form des Schlaganfalls, die Hirnblutung, tritt ein, wenn ein Blutgefäß im Gehirn platzt und Blut ins Hirngewebe austritt. Auch hier wird das Nervengewebe nicht mehr genügend durchblutet und nimmt Schaden“, erklärt Dr. Johannes Schenkel, Neurologe und ärztlicher Leiter bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Beide Ursachen haben zur Folge, dass ein Bereich des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird und Nervenzellen absterben.
„Alle Beteiligten müssen schnell und angemessen reagieren, damit die Therapie den größten Erfolg hat. Denn bei einem Schlaganfall kommt es auf jede Minute, gar Sekunde an. Die ersten Stunden danach entscheiden über die Zellschäden im Gehirn“, so Dr. Schenkel. Angehörige oder Freunde der oder des Schlaganfallbetroffenen sollten sofort den Rettungsdienst alarmieren. Dieser versorgt die oder den Betroffenen vor Ort und bringt sie oder ihn so schnell wie möglich in eine Klinik, im Idealfall in eine Stroke Unit (www.schlaganfall-hilfe.de/adressen-stroke-units), eine auf Schlaganfälle spezialisierte Station mit fachübergreifenden Spezialistinnen und Spezialisten.
Die Stroke Unit erfüllt die technischen und personellen Voraussetzungen, um die oder den Patienten bestmöglich zu versorgen, und garantiert eine fachübergreifende Behandlung. Die Chance, zu überleben und geringere Behinderungen davonzutragen, erhöht sich dadurch deutlich. Der Transport dorthin sollte mit einem Rettungswagen erfolgen.
Schnelles Handeln rettet Leben
Die Folgen eines Schlaganfalls sind laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe alarmierend: Rund 20 Prozent der Betroffenen sterben innerhalb von wenigen Wochen, über 37 Prozent innerhalb eines Jahres. Rund die Hälfte der Überlebenden bleibt dauerhaft behindert und ist auf fremde Hilfe angewiesen. Nach einem Schlaganfall hat das Gehirn nämlich bestimmte Vorgänge vergessen. Bewegungen müssen kontinuierlich neu geübt werden, damit Gehirn und Muskeln die Abläufe wieder erlernen können. Es ist wichtig, schon in der Klinik mit begleitenden Maßnahmen wie Krankengymnastik zu beginnen. Dazu gehören Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts und eine Laufbandtherapie zum Wiedererlernen des Gehens. Zurück zu Hause kommen Betroffene nicht umhin, das eigene Wohnumfeld den neuen körperlichen Bedürfnissen anzupassen. Hier kommen die Expertinnen und Experten aus den Sanitätshäusern mit dem Lächeln ins Spiel …
Wohnumfeldverbesserungen erleichtern Pflege und erhöhen Lebensqualität
Wir sprachen mit dem erfahrenen Wohnumfeldberater Andreas Bente vom Sanitätshaus Perick im münsterländischen Steinfurt über die häusliche Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten.
SAM: Herr Bente, können Sie uns sagen, um welche körperlichen Einschränkungen es bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten geht, die Sie aufsuchen?
Andreas Bente: Gerade beim Schlaganfall ist immer das Ausmaß entscheidend, welcher Teil des Gehirns betroffen ist und im welchem Schweregrad. Hier kann unter anderem eine halbseitige Gesichtslähmung auftreten, die durch ein herunterhängendes Lid und herabhängende Mundwinkel auffällt. Dadurch treten Kau- und Schluckbeschwerden auf, wodurch die selbstständige Nahrungsaufnahme sehr schwierig oder unmöglich wird.
Bei den meisten Betroffenen treten eine halbseitige Lähmung oder Einschränkungen der kompletten Körperhälfte auf, meistens auf der linken Seite. Da sind dann die Arme, Hände, Beine und Füße betroffen. Die Arme schwingen beim Gehen nicht mehr mit und es treten motorische Störungen auf. Dieses sind Bewegungseinschränkungen wie z. B. unruhige Beine oder ein halbmondähnliches Nachziehen der Beine sowie eine Fußhebeschwäche. Hier wird der Fuß auf dem Zeh am Boden nachgezogen. Bei den Händen fehlt oftmals die kontrollierte Bewegung, um Knöpfe zu schließen oder Schuhbänder selbstständig zu binden. Außerdem ist das Zugreifen eingeschränkt.
SAM: Bei der Umgestaltung des Wohnbereichs der oder des Betroffenen kommen Sie ins Spiel. Wie verschaffen Sie sich einen Eindruck darüber, welche Maßnahmen vor Ort alle notwendig sind?
Andreas Bente: Hier ist es wichtig, sich ein persönliches Bild von dem Wohnumfeld zu machen und natürlich auch von der betroffenen Person. Vorab wird ein Termin vor Ort vereinbart, wo wir gemeinsam das private Wohnumfeld begutachten und feststellen, wo die Defizite liegen. Oftmals sind gerade bei älteren Häusern die Schlafmöglichkeiten und das Bad im Obergeschoß. Da schaue ich mir dann an, wie die Person die Treppe selbstständig hochgeht bzw. ob dies überhaupt noch möglich ist. Da könnte dann z. B. ein Treppenlift die Lösung sein. Im Bereich des Badezimmers überprüfe ich, ob die Toilettengänge aus eigener Kraft möglich sind, die Toilette hoch genug ist, um sich aufrichten und setzen zu können, sowie ob überhaupt Haltemöglichkeiten und Aufrichthilfen, wie Haltegriffe oder Schwenkstützgriffe, vorhanden sind. Der ganze Bereich der örtlichen Umgestaltung ist sehr umfangreich, aber im Allgemeinen geht es immer darum, der oder dem Betroffenen zu helfen und ihr oder sein alltägliches Umfeld so zu erleichtern, dass sie oder er es möglichst selbstständig bewältigen kann.
SAM: Geht es bei der Einschätzung „nur“ um Hilfsmittel und Produkte zur Vereinfachung des Alltags oder auch darum, die Pflege im häuslichen Bereich zu optimieren?
Andreas Bente: Es gibt Hilfsmittel, mit denen ich meinen Alltag vereinfachen kann und die als Hilfe und Unterstützung dienen, wie ein Rollator oder ein Elektromobil. Es gibt aber auch Hilfsmittel, welche die Pflege im häuslichen Bereich optimieren, und das ist auch sehr wichtig. Bei einem Hausbesuch vor Ort werden die pflegenden Angehörigen oder der Pflegedienst von uns mit einbezogen, damit eine optimale Lösung und Erleichterung der Pflege gefunden wird.
Nehmen wir mal das elektrische Pflegebett. Dies ermöglicht eine Pflegeerleichterung, weil man es bei der Hygiene in eine passende Arbeitshöhe fahren kann. Das Kopfteil ist elektrisch hochschwenkbar bis teilweise 90 Grad, um das Essenanreichen zu erleichtern. Bei einem Pflegebett kann das Pflegepersonal von beiden Seiten seine Arbeit durchführen, weil es auf Rollen steht und flexibel verstellbar ist. Ein Rutschbrett auf einem Dusch-/Toilettenrollstuhl ermöglicht der pflegenden Person, die oder den Betroffenen durch die Rollen direkt ins Bad zu schieben.
SAM: Was können Sie uns über häusliche Stolperfallen sagen?
Andreas Bente: Stolperfallen gibt es viele in den eigenen vier Wänden. Stufen können schon ein Problem sein, gerade wenn ich beim Schlaganfall das Bein nicht mehr richtig anheben kann. Ganz oft findet man auch Teppiche und Läufer, wo sich oftmals gerade die Ecken umschlagen und zur Stolperfalle werden sowie zu Rutschgefahr und Stürzen führen. Möbel und Dekoration können ebenfalls ein Hindernis sein. Gerade wenn die Wohnung sehr vollgestellt und die Bewegungsfreiheit somit eingeschränkt ist. Es sollte ausreichend Platz vorhanden sein, damit auch ein Durchkommen mit Hilfsmitteln wie wie ein Rollator oder ein Rollstuhl möglich ist. Küchenarbeitsplatten und hervorstehende Tischkanten können auch Gefahren sein: an ihnen kann man hängen bleiben und ins Stolpern geraten. Im Bad ist es oftmals die hohe Einstiegskante der Dusche. Gerade im Bad besteht durch die Feuchtigkeit ein hohes Risiko auszurutschen.
SAM: Können Sie uns mal den Ablauf für größere Umbaumaßnahmen wie bspw. den Einbau einer barrierefreien Dusche oder einer Rampe am Hauseingang erläutern?
Andreas Bente: Nehmen wir als Beispiel den Einbau einer Stufenrampe. Wir setzen uns mit der Kundin oder dem Kunden auseinander und sprechen einen passenden Termin ab, da erst nach Besichtigung des Umfeldes beraten und entschieden werden kann, welche Rampe tatsächlich benötigt wird. Anschließend wird Maß genommen und geschaut, was an Zubehör benötigt wird. Wird aufgrund der Rampenlänge ein Geländer oder eine Antirutschunterlage benötigt? Soll die Rampe mit einem Elektrorollstuhl genutzt werden? Da geht es dann um die Belastbarkeit. Sind alle Punkte registriert, gehen wir die Rezeptierung nochmals durch. Die Kundin oder der Kunde erhält das Rezept von der Ärztin oder dem Arzt und leitet es an uns weiter. Wir erstellen einen Kostenvoranschlag, der online zusammen mit dem Rezept im System der Krankenkasse eingestellt wird. Nach der Genehmigung durch den Kostenträger wird die Rampe bestellt. Nach erfolgter Lieferung des Hilfsmittels durch den Hersteller, erfolgt die Terminabsprache mit der Kundin oder dem Kunden. Bei Auslieferung wird die Rampe montiert und eine Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels durchgeführt.
SAM: Wie werden die Pflegehilfsmittel und die Zuschüsse bei der Wohnumfeldberatung bei der Krankenkasse beantragt und welche Kosten übernimmt diese?
Andreas Bente: Die Kostenübernahme der Pflegehilfsmittel wird bei der Krankenkasse beantragt und gilt für Personen mit einem anerkannten Pflegegrad. Die Pflegehilfsmittel beinhalten u. a. Desinfektionsmittel, Mundschutz, Einweghandschuhe, Pflegeschürzen, Kittel, Fingerlinge, Bettschutzeinlagen und Pflegemittel. Die zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel werden coronabedingt mit 60 Euro im Monat, statt zuvor 40 Euro, bezuschusst. Diese Erhöhung gilt noch bis zum 31.12.2021. Durch unsere Besuche oder einer Versorgung bei den Betroffenen findet auch eine Beratung über die Pflegehilfsmittel statt. Den Antrag auf Kostenübernahme für die zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel sprechen wir gemeinsam durch und übernehmen die Beantragung zur Kostenübernahme für unsere Kundinnen und Kunden.
Bei der Wohnumfeldverbesserung handelt es sich um eine bauliche Maßnahme. Ist eine Wohnumfeldberatung durchgeführt worden und wurde durch den Medizinprodukteberater festgestellt, dass z. B. ein Treppenlift benötigt wird, erfolgen Ausmessen und Zusammenstellung des erforderlichen Zubehörs durch das Sanitätshaus. Nachdem sämtliche Details besprochen wurden, wird ein Kostenvoranschlag erstellt und der Kundin oder dem Kunden zugestellt, damit sie oder er die Möglichkeit nutzen kann, den Antrag bei ihrer oder seiner Pflegekasse einzureichen. Ist die oder der Betroffene in einen Pflegegrad eingestuft, steht ihr oder ihm ein Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro zu. Sofern es sich um eine erstmals in Anspruch genommene Maßnahme handelt, muss die betroffene Person oder deren Angehörige bei der zuständigen Pflegekasse einen Antrag über wohnumfeldverbessernde Maßnahmen anfordern. Sobald dieser eingetroffen ist, muss dieser vollständig ausgefüllt und im Idealfall direkt mit einem Angebot über die erforderliche erste Maßnahme eingereicht werden. Nachfolgend erhält die betroffene Person eine schriftliche Genehmigung der Pflegekasse über den Anspruch über die 4.000 EUR und kann damit verbunden dann dem Angebotssteller den Auftrag zur Durchführung erteilen.
SAM: Unterstützen Sie Ihre Patientinnen und Patienten auch beim Hilfsmittelantrag?
Andreas Bente: Natürlich! Wenn jemand auf ein Hilfsmittel angewiesen ist, wird er durch unsere Expertinnen und Experten beraten, um ein für sie oder ihn geeignetes Hilfsmittel nach den eigenen, individuellen Bedürfnissen zu ermitteln. Häufig werden Hilfsmittel zur Erprobung bereitgestellt, damit wir zusammen mit der Kundin oder dem Kunden eine Erprobung durchführen können, um so eine optimale Versorgung zu erreichen. Ist die medizinische Notwendigkeit durch eine Ärztin oder einen Arzt festgestellt, erstellt diese/dieser ein Rezept aus. Die Originalrezepte leitet die Patientin oder der Patient an uns weiter und wir übernehmen die weiteren Dienstleistungen – von der Beantragung bis zur endgültigen Auslieferung des erforderlichen Hilfsmittels.
SAM: Wie sieht das mit Einweisung und Wartung der Hilfsmittel aus?
Andreas Bente: Bei sämtlichen Auslieferungen, egal ob Rollatoren, Rollstühle, Zusatzantriebe für Rollstühle, Hilfsmittel für Bad und WC, Elektromobile oder Alltagshilfen wird immer eine Einweisung und Anpassung von unserem geschulten Personal durchgeführt. In den meisten Fällen sind die Angehörigen, Betreuerinnen oder Betreuer oder das Pflegepersonal anwesend, denn sie sind meistens die Personen, die hinterher regelmäßig mit diesen Hilfsmitteln umgehen können müssen. Die Betreuenden sind häufig die Menschen, die den Rollstuhl schieben, die Transfers mitbewältigen, das Hilfsmittel transportieren und den betroffenen Menschen helfen, mit dem Hilfsmittel in Alltagssituationen zurechtzukommen. Elektrische Hilfsmittel, wie Pflegebetten, Patienten- und Aufstehlifter, Sauerstoffkonzentratoren, Absauggeräte, Matratzenkompressoren, aber auch Treppenlifter unterliegen einem Wartungsintervall des Herstellers. Die Wartungsintervalle sind laut Medizinproduktverordnung vorgeschrieben und müssen in den vorgegebenen Intervallzeiträumen gewartet werden.
SAM: Herr Bente, herzlichen Dank für die vielen interessanten Informationen!
Mehr über das Sanitätshaus mit dem Lächeln erfahren Sie unter:
Der Zuschuss zur Wohnumfeldverbesserung kann in manchen Fällen mehr als einmal gewährt werden. Nämlich dann, wenn die Pflegesituation sich so verändert hat, dass erneute Maßnahmen nötig werden. Auch bei einer erneuten Beantragung einer Wohnumfeldverbesserung greifen die Regelungen des Erstantrags.
Wohnen mehrere Anspruchsberechtigte zusammen, kann der Zuschuss bis zu viermal 4.000 Euro, also bis zu 16.000 Euro, betragen. Bei mehr als vier anspruchsberechtigten Personen wird der Gesamtbetrag anteilig auf die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner aufgeteilt. Dies kommt vor allem ambulant betreuten Wohngruppen für Pflegebedürftige zugute